Hiob 4 bis 7
Hiob 4
Elifas’ Meinung zu Hiobs Krise
1 Nachdem seine Freunde ihm lange zugehört hatten, versuchte Elifas, dem Hiob irgendwie zu helfen. Er sagte:
2 „Ach Mann, Hiob! Dir ist vielleicht im Moment nicht nach Reden, aber auch wenn es dir grad nicht so in den Kram passt, ich muss da was loswerden! 3 Hör mal, du warst es doch immer, der die Leute wiederaufgebaut hat, wenn es ihnen dreckig ging. 4 Wenn jemand total down war, dann warst du zur Stelle und hast ihn wieder ermutigt. 5 Und jetzt, wo es dir selbst mal so richtig beschissen geht, machst du schlapp.
6 Glaubst du nicht mehr, dass dein Respekt vor Gott dir hilft, wenn du immer alles radikal mit ihm durchziehst? 7 Überleg doch mal: Ist das schon mal vorgekommen, dass einer kaputtgegangen ist, der immer voll gottmäßig gelebt hat?
8 Also, nach meiner Erfahrung ist es immer so, dass Menschen, die ständig Mist bauen, auch irgendwann in der Scheiße landen. 9 Wer mies lebt, wird irgendwann von Gott umgepustet. Er niest nur einmal, und die sind weg vom Fenster. 10 Leute, die so drauf sind, haben laut gebellt und geknurrt wie ein Kampfhund, aber Gott hat ihnen das Maul gestopft und ihnen die Zähne gezogen. 11 Sie verhungern, weil ihnen das Herrchen kein Chappi mehr gegeben hat, und ihre Welpen verrecken auf der Straße.
12 Ich hab mal geträumt, wie mir jemand ’ne Ansage machte. Der hat mir was ins Ohr geflüstert, und ich hab voll die Panik bekommen und am ganzen Körper gezittert. 13 Das war echt wie ein Horrortrip, den man im Tiefschlaf manchmal erlebt, und morgens wacht man auf und muss immer noch dran denken. 14 Das war echt übel, der reinste Alptraum. 15 Es war so, als hätte jemand die Tür aufgemacht, und mir würde ein eiskalter Wind über das Gesicht blasen, ich bekam voll die Gänsehaut. 16 Plötzlich stand so ein Geist vor mir, wie aus einem schlechten Horrorfilm. Ich konnte sein Gesicht nicht erkennen, nur die Umrisse von seinem Körper. Es war unheimlich still. Und dann fing er an zu reden:
17 ,Ist es möglich, dass jemand besser drauf ist als Gott? Schließlich hat er die Menschen geschaffen, da kann ihm nun mal keiner das Wasser reichen. 18 Gott kann noch nicht mal den Leuten, die für ihn arbeiten, vollständig vertrauen. Auch seine Engel, die ja seine Botschafter sind, kriegen was von ihm auf die Ohren, wenn sie Fehler machen. 19 Du glaubst doch nicht im Ernst, er würde dann den Menschen vertrauen, die er selber gemacht hat und die er so mal eben zermatschen kann, wenn er will, wie eine Fliege mit einer Fliegenklatsche. 20 Nach dem Aufstehen kommen sie für ein paar Stunden in die Puschen, und jeden Abend fallen sie wieder wie tot ins Bett. Und irgendwann sterben sie alle, und keiner erinnert sich lange an sie. 21 Stimmt doch, oder? Ist deren Uhr abgelaufen, legen sie sich hin und sind tot. Und gelernt haben sie in der Zeit, in der sie leben, einfach gar nichts.‘“
Hiob
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Es ist nicht gut, schlecht drauf zu sein
1 Elifas redete weiter: „Du kannst rumheulen, solange du willst, Hiob, aber wer soll dir denn helfen? 2 Depression ist doch Sterben auf Raten. Und einer, der die Sachen nicht peilt, stirbt an dem Ärger, den er sich ständig macht.
3 Ich kenn solche Leute! Zuerst richtet sich so ein Idiot schön ein in seiner Bude, doch im nächsten Augenblick hat der Toaster einen Kurzschluss, und die ganze Bude fackelt ab. 4 Ihre Kinder kommen nie wirklich klar im Leben, und wenn die mal ’ne Anzeige am Hals haben, finden sie keinen Anwalt, der ihren Fall übernehmen würde. 5 Die Kohle, die sie mühsam verdient haben, verprassen andere mit vollen Händen. Die Ganoven zocken sich ihr Geld, selbst wenn es fest angelegt auf der Bank liegt. Wie die Geier greifen die sich alles, was ihnen nicht gehört.“
Elifas’ Idee: Geh zu Gott und rede mit ihm
6 Elifas sagte dann: „Katastrophen passieren nicht automatisch, das ist einfach nicht normal, was dir passiert ist, Hiob. 7 Viel Stress bekommt man nur, weil die Probleme in einem selbst liegen. Das ist normal, jeder Mensch hat das. Dass so was passiert, ist genauso normal, wie dass der Rauch von einer Kippe immer nach oben steigt. 8 Weißt du, was ich an deiner Stelle machen würde? Ich würde mal bei Gott anklopfen, ihm alles schildern und ihn fragen, was das Ganze überhaupt soll.
9 Gott ist nichts unmöglich, er kann alles. Er hat die Macht, Dinge zu tun, die wir nie auf die Reihe bekommen würden, er kann Wunder tun ohne Ende. 10 Er besprenkelt zum Beispiel alle Felder auf der Erde mit Regen, damit sie genug Wasser haben. 11 Wenn jemand gefrustet ist, baut Gott ihn wieder auf. Wer ganz unten ist, wird von ihm wieder hochgebracht. Wenn jemand traurig ist, wird er durch Gott wieder fröhlich. 12 Die Schlaumeier legt er rein, wenn sie was Übles planen. Wenn sie es probieren, geht das Ding nach hinten los. 13 Die Leute, die sich was auf ihre Bildung einbilden, zieht er einfach ab. Und die miesen Typen, die immer alles besser wissen, fallen auf die Fresse. 14 Obwohl es überall hell ist, können sie nichts sehen, selbst gegen zwölf Uhr Mittag tappen sie total im Dunkeln. 15 Die Kaputten und Fertigen beschützt er. Wenn sie angeklagt oder mit Waffen bedroht werden, dann ist er da. 16 Die Leute, die ganz unten sind, bekommen so wieder Hoffnung, und fiese Typen müssen ihre Fresse halten.
17 Hey, wer von Gott bestraft wird, kann sich echt freuen! Wenn Gott gerade ein paar Erziehungsmaßnahmen mit dir durchzieht, dann wehre dich nicht dagegen. 18 Wenn er jemanden verwundet, dann sorgt er auch für die Heilung. Wenn seine Hand mal zuschlägt, dann kann er mit derselben Hand auch alles wiedergutmachen. 19 Egal, wie oft du in eine Katastrophe reinschlitterst, er holt dich da immer wieder raus. Er passt auf dich auf, dass dir niemand wirklich was kann. 20 Bei der nächsten Wirtschaftskrise sorgt er für dich, damit du immer genug zu essen auf dem Tisch hast. Und wenn es Krieg gibt, passt er auf, dass die Kugeln dich nicht treffen. 21 Er beschützt dich, wenn Gerüchte über dich verbreitet werden. Und selbst, wenn etwas wie eine Bombe in dein Leben einschlägt, musst du keine Angst haben. 22 Über Angst und Schläge wirst du nur noch lachen, und auch die fiese Skinheadgang aus der Nachbarschaft kann dich völlig kaltlassen. 23 Selbst in der gegnerischen Fankurve bist du sicher, und der gefürchtete Schlägertyp aus der Siedlung lässt dich in Ruhe. 24 Keiner betritt dein Zimmer, niemand fackelt euer Haus ab, und dein Fahrrad wird auch nicht geklaut. 25 Du wirst sehen, wie sich deine Kinder vermehren, es werden so viele wie die Grashalme im Stadtpark. 26 Und wenn du dann schließlich stirbst, wirst du richtig alt sein. Das ist so, wie man den Weizen auch erst erntet, wenn er schön reif und goldgelb ist. 27 Wir haben das alles ausgecheckt, Hiob, das stimmt echt! Das musst du dir gut merken, hörst du?!“
Hiob 6
Hiobs Reaktion auf Elifas’ Ansage
1 Hiob antwortete:
2 „Wenn man versuchen würde, meinen Frust zu messen und meine Depression und meine Schmerzen auf eine Waage zu packen, würde das Teil sofort kaputtgehen. 3 Die wiegen mehr als eine Million Tonnen! Ist doch normal, dass ich da etwas verwirrte Sachen sage, oder?
4 Ich bin durch die Kugeln von Gott schwer verwundet worden. So heftig, als hätte er mich mit einem Kopfschuss getroffen, er greift mich wie eine Armee im Krieg an. 5 Hunde, die ihr Chappi bekommen, hören sofort auf zu bellen, eine Katze, die ihr Whiskas bekommt, hört auf zu miauen. 6 Aber wer mag schon ein Essen ganz ohne Salz? Und wer mag vergammelten Käse aus der Mülltonne? 7 Genauso krieg ich das Kotzen, wenn ich nur an meine üble Situation denke.
8 Warum sitzt Gott auf seinen Ohren, wenn ich zu ihm bete? Ich hoffe so sehr, dass er das tut, was ich mir von ihm wünsche. 9 Er soll sich endlich dazu entschließen, mich aus seiner Datei zu löschen. Er soll aufhören, in meinem Leben rumzufuchteln, und mich einfach töten. 10 Damit würde er mir noch ein letztes Mal einen Gefallen tun, ich würde mich noch mal freuen können, obwohl es mir total dreckig geht. Ich wäre sehr happy, weil ich Gottes Worte nicht in den Dreck gezogen habe. Denn ich habe immerhin die ganze Zeit echt alles mit ihm durchgezogen. Ich hab alles getan, was dieser ganz besonders krasse Gott von mir wollte.
11 Wo soll ich jetzt noch Kraft hernehmen, um weiterzuleben? Wo soll ich meine Hoffnung herkriegen? 12 Wofür der ganze Scheiß überhaupt? Seh ich so aus, als ob ich die Kraft vom Terminator hätte oder so gebaut wäre wie Rambo? Heiß ich Chuck Norris, oder was? Was soll aus meinem Leben noch werden? Warum sollte ich das Ganze noch länger aushalten? 13 Es gibt keine Hilfsorganisation, die mir jetzt helfen könnte! Es gibt keinen, der mich aus der Situation noch wirklich gut rausholen könnte.
14 Wenn in so einer Sache jemand keine Freunde mehr hat, die nett zu ihm sind, dann ist er echt am Ende. Er wird dann auch den Respekt vor Gott verlieren. 15 Aber auch meine Freunde stehen anscheinend nicht wirklich zu mir. Sie sind so wie Bierfässer, die auf der Party plötzlich leer sind. 16 Die Feier läuft schon ein paar Stunden, und dann ist plötzlich nur noch Schaum in den Fässern. 17 Der Partykeller war wohl zu warm, die Fässer sind fast ausgetrocknet. 18 Einige Gäste verlassen die Party, sie sterben vor Durst. 19 Sie suchen ’ne Tanke oder ’nen Kiosk, um noch irgendwo ein Bier aufzutreiben. 20 Aber sie haben keinen Erfolg: Obwohl sie die ganze Nacht suchen, stehen sie doch nur frustriert vor verschlossenen Türen.
21 Genauso seid ihr gerade für mich! Ihr seht die ganzen bescheuerten Sachen, die mir passiert sind, und bekommt dadurch selber Angst. 22 Hab ich euch vielleicht gefragt, ob ihr für mich einen Hilfsfonds gründen und auf Spendensammlung gehen sollt? Oder wollte ich irgendwas von eurer Kohle haben? 23 Oder wollte ich vielleicht von euch, dass die GSG 9 hier antanzt, um mich von irgendwelchen Entführern zu befreien?
24 Wenn ihr eine gute Antwort auf meine Probleme habt, dann nix wie her damit! Ich werde mein Maul halten und euch zuhören, versprochen! Wenn ich irgendwo danebenliege, dann erklärt mir das bitte! 25 Die Wahrheit bringt’s voll, aber euer Gelaber hilft mir echt nicht weiter. 26 Habt ihr vor, mich anzuzählen, weil ich so einen Müll geredet hab? Ich bin voll fertig, und ihr glaubt auch noch, ich laber nur rum!
27 Wie seid ihr denn bitte drauf? Ihr würdet ja sogar Heimkinder bei E-Bay versteigern, und wenn der Preis stimmt, würdet ihr auch noch einen Freund an die Bullen verraten. 28 Jetzt macht mal eine Ansage: Denkt ihr, dass ich euch nur Schwachsinn erzählt habe, oder was? 29 Denkt doch mal in eine andere Richtung! Seid nicht ungerecht, Leute! Ich hab nichts verbrochen, das ist doch ganz eindeutig! 30 Ich hab es echt nicht übertrieben! Aus meinem Mund kam immer nur die reine Wahrheit! Ich würde es doch merken, wenn hier etwas falsch läuft!“
Hiob 7
Kann Gott die Menschen nicht mal in Ruhe lassen?
1 Hiob war aber noch nicht fertig: „Besteht das ganze Leben nicht nur aus Krampf, Quälerei und Nervkram? Jeden Tag muss ein Mensch wie blöd arbeiten und bekommt dafür gerade mal einen Hungerlohn. 2 Im Grunde ist es so wie bei einem Arbeiter, der in der stechenden Mittagssonne auf der Baustelle schuften muss und die ganze Zeit davon träumt, in einen kühlen Pool springen zu dürfen. Oder es ist so wie bei der Frau beim Lidl an der Kasse, die sich schon am Monatsanfang auf die Gehaltsüberweisung freut.
3 Mir geht es genauso. Seit Monaten dämmer ich hier sinnlos vor mich hin. Viele Nächte lag ich wach in meinem Bett und hatte Depressionen. 4 Morgens zähle ich die Stunden, bis der Tag endlich vorbei ist. Und wenn ich mich pennen gelegt hab, frag ich mich, wann diese schreckliche Nacht endlich zu Ende geht. 5 An meinem Körper hab ich überall Pickel, die voll von gelbem Eiter sind; sie stinken, und es tummeln sich sogar weiße Maden drin. 6 Jeden Tag schieb ich voll den Depri und hab überhaupt keine Hoffnung, dass es mal besser werden wird. Mein Leben ist so schnell vorbei wie ’ne Fahrt in der Achterbahn. 7 Ich werde nie mehr vergessen, dass mein Leben im Grunde nur wie ein Furz ist. Mir wird es nie wieder richtig gut gehen. 8 Im Moment lebe ich noch, und ihr könnt euch noch mit mir treffen, wenn ihr wollt. Aber bald bin ich tot, dann bin ich nicht mehr da, ihr werdet mich dann nicht mehr sehen. 9 Die Wolken am Himmel kommen und gehen, mal lösen sie sich auf, dann sind sie wieder da. Genauso ist das, wenn einer stirbt. Er ist einfach nicht mehr da. Aus dem Grab kommt man nicht wieder zurück. 10 Er wird nie mehr nach Haus kommen, und bald hat man ihn vergessen.
11 Darum werde ich mein Maul nicht halten. Ich will alles sagen, was mir gerade so einfällt. Ich lasse meinen Frust einfach raus. 12 Hey, Gott, bin ich irgendwie zu gefährlich, oder was? Bin ich irgend so ein Top-Terrorist, dass du mich so krass bewachen musst? 13 Wenn ich mich unter der Bettdecke verkriechen will, damit ich mich da wenigstens etwas ausheulen kann, 14 dann sorgst du dafür, dass ich irgendwelche Horrorträume hab! Auch mit diesen schlimmen Nächten 15 sorgst du dafür, dass ich lieber tot wäre, als weiterzuleben.16 Ich hab die Schnauze gestrichen voll! Ich will nicht ewig so weitermachen. Lass mich in Ruhe! Mein Leben ist sowieso für ’n Arsch.
17 Warum ist dir der Mensch überhaupt so wichtig, Gott? Warum kümmerst du dich überhaupt so um ihn? 18 Jeden Morgen testest du ihn wieder neu aus. Jeden Tag checkst du ihn ab. 19 Kannst du mich nicht mal für einen Moment in Ruhe lassen? Darf ich bitte wenigstens einmal atmen, ohne dass du mir dabei zusiehst?
20 Was hab ich denn jetzt so Großes verbrochen, verdammt? Hab ich irgendwas getan, was du nicht so toll fandest, du großer Oberschiedsrichter der Menschen? Was hast du plötzlich gegen mich, dass ich zu deiner Zielscheibe geworden bin? Nerv ich dich, oder was? 21 Kannst du mir nicht einfach den ganzen Mist vergeben, den ich gemacht habe? Kannst du meine Fehler nicht einfach mal vergessen? Bald bin ich endlich tot, dann wird meine Leiche verbuddelt, und gut ist. Dann kannst du mich lange suchen, ich bin dann mal weg.“
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