Wie ihr wisst, lesen wir inzwischen gemeinsam das Bibelbuch Hiob – bisher haben wir die ersten 7 Kapitel gelesen und wissen, worum es eigentlich geht:
Es geht um einen Streit im Himmel. Jehova (oder auch Jahwe) und Satan waren sich einig, dass Hiob ein besonders gottesfürchtiger Mann war, scheinbar der einzige überhaupt zu dieser Zeit. Aber es herrschte Uneinigkeit über seine Motivation, denn Satan behauptete, dass er dies nur aus Eigennutz tun würde, weil er von Gott gesegnet war und dass es ihm nicht um Gott selbst ginge (Kapitel 1). Um dies ein für alle mal zu klären, ließ Jehova den Satan machen, er durfte ihm alles nehmen, nur sein Leben war tabu. Und so nahm dieser ihm alles, seine Habe, seine Angestellten, seine Kinder; die Frau lehnte sich gegen ihn und Gott auf und als Krönung wurde er mit einer schlimmen Krankheit geschlagen.
Satan hatte Hiob wirklich alles genommen, trotzdem hielt dieser weiterhin an Gott fest, er war der Ansicht, dass man nicht nur das Gute annehmen müsse. Als er total am Ende war, bekam er Besuch von drei seiner engeren Freunden, die so geschockt über seinen desolatent Zustand waren, dass sie 7 Tage schweigend bei ihm saßen (Kapitel 2).
Nach dieser Zeit brach Hiob sein Schweigen und alle waren betroffen, wie deprimiert er war, er wünschte sich tot zu sein, ja nicht einmal geboren worden zu sein. Er wollte keine Probleme mehr haben und ganz nah bei Gott sein. Wir hatten geklärt, dass wir Gott in so einer Situation ruhig nach dem Warum fragen dürfen. Denn zum einen weiß er es eh schon, da er uns ins Herz sehen kann und zum anderen gehört es zu einer wirklich gesunden Beziehung, dass man über alles reden kann und Probleme anspricht, wenn sie da sin. Seine Beziehung zu Gott war also wirklich in Ordnung (Kapitel 3).
Wir lesen weiter die Kapitel 4 bis 7. Nun steigen die 3 Freunde mit in die Diskussion ein und jeder von Ihnen hat eine bestimmte Meinung, die wir auch heute noch in den verschiedensten Kirchen vorfinden. Als erstes ergreift Eliphas das Wort, sein Name bedeutet „Gott ist reich“ und er ist der Ansicht, dass Gott nach dem Prinzip von „Saat und Ernte“ bestraft.
Als erstes lesen wir die Kapitel 4 und 5 und sehen uns an, wie dieser Eliphas Hiob trösten will:
Gleich in den ersten Versen von Kapitel 4 erfahren wir etwas über Hiob, was wir aus den ersten Kapiteln noch nicht kennen: er war bekannt dafür, dass er stets anderen geholfen und zur Seite gestanden hat, „nun bist du dran, dass es dir mal schlecht geht“ (Verse 3-5). Außerdem sei er selbst schuld, er habe etwas falsch gemacht (Vers 7).
Ist dies nicht eine merkwürdige Art des Tröstens? Würden wir wirklich einem Bruder, der gerade zum 3. Mal seinen Job verloren hat, sagen, er sei selbst schuld, er solle überlegen, was er falsch gemacht hätte? Würden wir wirklich nach jemanden treten, der schon auf dem Boden liegt?
Aber was, wenn es doch stimmt, wenn er immer wieder gekündigt wird, weil er nicht zuverlässig ist, wenn er laufend unpünktlich ist und seine Arbeit nicht ordentlich macht, weil er keine Lust hat? Gehört es dann nicht zu den Pflichten eines echten Freundes, ihm dies auch zu sagen?
Ja, das stimmt, aber es kommt auf den richtigen Zeitpunkt an. In dem Moment sind wir erst mal als Tröster gefragt, wir müssen ihm erst wieder auf die Beine helfen und dann, wenn er wieder richtig steht ohne Krücke, dann können wir ihn liebevoll darauf hinweisen, dass er selbst etwas ändern muss, auch hier kommt es auf das „wie“ an.
Eliphas verflechtet hier geschickt Wahrheit und Lüge. Wenn 80% von dem was er sagt stimmt und der Rest Lüge ist, dann fällt es schwer, die Wahrheit von der Lüge zu unterscheiden oder sogar, dies überhaupt zu erkennen. So sagt er:
Erkennen wir, was gemeint ist und wie gefährlich solch eine Vermischung von Wahrheit und Lüge ist? Wir merken es dann auch an Hiobs Reaktion darauf.
Sie hatten 7 Tage schweigend bei Hiob gesessen, bis er das Schweigen bricht und sagt, wie er sich fühlt – wir sind heute noch betroffen von dem, was wir die Woche davor gelesen haben, wie schlimm es für Hiob ist – und Eliphas antwortet ihm, indem er sagt, er Ernte nur, was er sät, er sei selbst Schuld daran *grummel
Wir lesen weiter die Kapitel 6 und 7 und hören uns Hiobs Antwort an: Wie fühlt er sich jetzt, wo Eliphas ihn „getröstet“ hat?
Er fühlt sich einsam und verlassen, er fühlt sich wie unter der Last vom „Sand des Meeres“ (Kapitel 6:3). Stellen wir uns vor, welch eine schwere Last es ist, wenn man uns mit dem Sand des Meeres überhäufen würde. Das hört sich nicht so an, als hätten ihn die Worte des Freundes getröstet, eher im Gegenteil. Er ist noch verzweifelter als vorher.
Was denkt er, woher seine Probleme kommen? Er denkt, das käme von Gott selbst (Vers 4). Er weiss ja nichts von dem Streit im Himmel. Wissen wir noch, warum Gott Hiob prüft?
Weil Satan Hiob prüfen lassen wollte, da dieser seiner Ansicht nach Gott nur dient, weil er etwas dafür bekommt. Jehova lässt ihn machen. Daher ist das Gefühl von Hiob, er sei „von Gott verlassen“ in gewisser Hinsicht richtig.
Aber bedeute das, dass Jehova ein launischer Gott ist, dass er gibt und nimmt, wie es ihm gerade in den Sinn kommt, um ihn zu prüfen? Wir dürfen nicht vergessen, dass das Ganze nicht Jehovas Idee war, sondern vom Satan ausging.
Hiob möchte am liebsten sterben. Aber wer sollte ihm den Tod bringen? Gott selbst (Verse 8-9). Warum war das sein „Verlangen“? Es wäre für ihn ein Trost, Gott bis zum Schluss treu gewesen zu sein (Vers 10). Können wir dies verstehen und nachvollziehen?
Nun ist Hiob so verzweifelt, dass er seine Freunde angreift (Verse 15-16). Warum? Womit vergleicht er sie?
Er sagt, sie wären wie ein Wildbach: zur Regenzeit sprudelt er über, ist ein reißendes Gewässer, aber im Sommer, wenn es heiß ist und man sich nach Abkühlung sehnt, dann ist er nur ein kleines Rinnsal, fast ausgetrocknet und daher sinnlos und unbrauchbar in dieser Hinsicht. Im übertragenen Sinne sagt er hier: „Nun, wo es mir schlecht geht und ich euch brauche, verlasst ihr mich. Ich kann euch nicht gebrauchen, ihr seid mir keine Hilfe“?.
Hier müssen wir uns die Frage stellen, was wir selbst für Freunde sind? Es muss ja nicht sein, dass Eliphas ihn hier ganz gezielt und bewusst entmutigt. Auch wir könnten einen anderen in Not unbewusst entmutigen anstatt zu trösten, wie es unsere Absicht war. Manchmal reisen wir den anderen unbewusst nieder.
Wir brauchen Freunde um uns herum, die uns aufbauen, die aber auch hinterfragen. Wie vorhin bereits angeführt, kommt es auf das wann und wie an, auf den richtigen Zeitpunkt und die Art und Weise.
Weiter geht es mit Kapitel 7 und wir fragen uns, wie lange diese unerträgliche Situation bereits für Hiob anhält?
In Vers 3 spricht er von „Monden der Nichtigkeit“. Inwiefern sagt dies etwas über den Zeitraum aus? Was wird denn in Monden gemessen? Ein Mondzyklus macht einen Monat aus. Wenn er hier von Monden redet, dann bedeutet dies, dass die Situation bereits mehrere Monate anhält. Es war also nicht nur ein kurzes Intermezzo.
Dann beschreibt er wieder seine Krankheit und fängt an, mit Gott zu diskutieren. Wo ist sein Problem mit Gott?
„Warum vergibst du mir mein Unrecht nicht? Kannst du keine Sünde übersehen? Denn bald liege ich unter der Erde, und wenn du mich dann suchst, bin ich nicht mehr da.«“
Hiob 7:21 HFA
Wieder einmal fragt er nach dem „Warum?“. Er weiss, es gibt Missetaten in seinem Leben und fragt: „warum kannst du mir nicht einfach vergeben?“
Hier kam in der Gruppe die Frage nach dem Konzept „biblischer Seelsorge“ auf. Hier ist das Ziel, dem Betreffenden in Jüngerschaft zu helfen, ihm zu helfen, Gott ähnlicher zu werden. Dafür sind die Mentoren da. Hiobs Freunde hingegen reissen ihn nieder. Hier fand das Konzept keine Anwendung, hier kommen nur Schuldzuweisungen, die Hiob nicht weiter helfen, eher im Gegenteil.
Wenn wir den zweiten Teil von Vers 21 noch mal lesen, dann sehen wir, dass Hiob denkt, eine unheilbare Krankheit zu haben und dass er bald sterben muss – aber er hat nicht gegen Gott gesündigt in seinen Worten. Auch wenn einige das so sehen und es manchmal so aussieht, denn am Ende vom Buch Hiob greift Gott ein:
„Nachdem der Herr dies alles zu Hiob gesagt hatte, wandte er sich an Elifas aus Teman: »Ich bin voller Zorn über dich und deine beiden Freunde, ihr habt nicht die Wahrheit über mich gesagt, so wie mein Diener Hiob es tat!“
Hiob 42:7 HFA
Heute ging es also darum, wie wir andere trösten und wie es richtig wäre: Wir müssen den Hilfesuchenden erst aufbauen und dann, wenn er wieder steht, dann ehrlich aber liebevoll auf seinen eigenen Anteil auf der Situation hinweisen.
Um ganz klar zu machen, wer da nun spricht, werden wir auch künftig zwei Leser haben. Einen, der die Rede des Freundes vorliest und einen, der Hiobs Antwort vorliest, so dass es ganz klar in unserem Gedächtnis bleibt, wer was gesagt hat. Bei der Menge des Stoffes könnten wir sonst einiges durcheinander bringen und wir wir gerade im letzten Kapitel vom Buch Hiob gelesen haben, sagt Jehova selbst, dass das, was die Freunde sagen, Unsinn ist, wohingegen Hiob die Wahrheit redet?
Zum Schluss von dem Buch muss Hiob für seine drei Freunde Fürbitte leisten, da sie aus Gottes Sicht falsch lagen:
„Nachdem der Herr dies alles zu Hiob gesagt hatte, wandte er sich an Elifas aus Teman: »Ich bin voller Zorn über dich und deine beiden Freunde, ihr habt nicht die Wahrheit über mich gesagt, so wie mein Diener Hiob es tat! Bringt nun sieben junge Stiere und sieben Schafböcke, geht damit zu meinem Diener Hiob und bringt sie als Brandopfer dar! Hiob soll für euch beten, denn nur ihn will ich erhören und euch um seinetwillen nichts Böses tun. Denn ihr habt nicht wie er die Wahrheit über mich gesagt.«“
Hiob 42:7-8 HFA
Es ist ganz wichtig, dass wir diese beiden Verse im Sinn behalten, während wir die Reden der Freunde lesen, damit wir nicht in eine Falle tappen. Denn viele der Kommentatoren, die ich zur Zeit zum Bibelbuch Hiob lese, machen Hiob Vorwürfe und sehen ihn und seine Gefühle und Reden als Abfall von Gott oder ähnliches. Teilweise bekomme ich selbst solche negativen Gefühle beim Lesen. In letzter Zeit habe ich unter der Woche oft mit Thom darüber diskutiert, dass unter anderem der Eliphas doch recht hat, auch wenn es falsch angewandt ist, da wir aus den ersten beiden Kapiteln wissen, dass Hiob eben nicht leidet, weil er irgendwas falsch gemacht hat. Daher prägen wir uns bitte die eben zitierten Verse gut ein und behalten wir sie beim Lesen dieses Bibelbuches im Sinn?
Wieder einmal sehen wir, wie wichtig es ist, die Bibel im Zusammenhang zu lesen und nichts aus dem Kontext zu reißen.
Diese Woche lesen wir die Kapitel 8 bis 10, der zweite Kumpel gibt seinen Senf dazu und Hiob antwortet ihm. Warum ich das hier so respektlos formuliere? Lies doch einfach schon mal die 3 Kapitel, spätestens am Sonntag wirst du meine Worte verstehen, es bleibt spannend ?
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