Wie diejenigen, die hier regelmäßig mitlesen, ja wissen, haben wir uns im Frühjahr vergangenen Jahres einer kleinen bereits länger bestehenden Hausgemeinde hier in unmittelbarer Nachbarschaft angeschlossen. Diese kleine bibeltreue Gemeinde sieht ihre Aufgabe darin, mit den Menschen über Gott und Jesus zu reden und sie zu den beiden hinzuzuführen. Im Mai und August fanden Sonderaktionen statt, zu denen wir Unterstützung von Schwestergemeinden aus Amerika erhalten haben. Brüder und Schwestern, die ihren Urlaub geopfert hatten, um uns beim Evangelisieren zu unterstützen. Leider war kein wirklicher Erfolg zu sehen, selbst zu den Grill- und Pizzapartys, zu denen wir eingeladen hatten, kam niemand, der nicht eh sonst schon kam. Einziger Lichtblick schien Suse, die Nachbarin, zu sein, die bei der Johannesstudie mitgemacht hatte. Dann lange wieder nichts.
Warum war das so? Niemand schien eine Antwort zu haben. Gebetet wurde doch immer wieder darum, aber nichts schien zu passieren. Statt dass sich die Hausgemeinde vergrößerte, wurden wir weniger, da einige ins Ausland geheiratet hatten, in den Missionarsdienst gingen oder andere, noch im Aufbau befindliche Gemeinden unterstützten.
Es schien, als liefe bei uns etwas mächtig schief. Wieder mal das Wörtchen “schien”….
Dieter, einer der beiden Ältesten, die die Gemeinde leiten, schlug in einem Privatgespräch vor, mal die Nachbarschaft vom Hof zum Grillen einzuladen, aber irgendwie wurde der Gedanke wieder verworfen. Warum eigentlich?
Dann waren Dieter und John, die beiden Ältesten, Ende Mai zu einer Leiterkonferenz und überlegten, wie man das Problem mit dem “mangelnden Erfolg” angehen könne. Einige Wochen später machten sie einen Gebetsspaziergang, bei dem sie Gott immer wieder fragten, was sie ändern sollten. Einige Gedanken wurden beim nächsten Gottesdienst der Gemeinde vorgestellt und auch wir durften eigene Gedanken mit einbringen.
Erstes Ergebnis war, dass der Gottesdienst noch weniger formell ablaufen solle, sondern dass sich jeder aktiv einbringen soll. Es sollte keine Veranstaltung sein, wo die Leute nur hinkommen um sich von den Ältesten vorne auftanken zu lassen, sondern jeder sollte mit Anteil daran haben, die anderen zu ermuntern und jedem zu helfen, im Glauben zu wachsen. Am Anfang war das für alle recht merkwürdig, auch der Teil, wo wir gemeinsam für die Gemeinde und die Menschen in unserem Umfeld gebetet haben.
Dann fuhren Dieter und Lucy für einen Monat nach Amerika und auch Stephi, die Frau von John und die Kinder fuhren für zwei Wochen zu den Großeltern. Kurz vor deren Abreise kam der Gedankenblitz auf, in der Zeit – da wir eh nur zu Dritt sein würden – den Hauskreis nach draußen auf den Hof zu verlegen und Suse und Astrid zum Grillen einzuladen, die beiden Muttis, deren Kinder regelmäßig zum Gottesdienst kamen. Wir wollten denen lediglich die Schwellenangst nehmen, damit sie auch mal kommen. Aber dann passierte etwas, mit dem niemand gerechnet hatte und auch nicht rechnen konnte:
Eine Woche vorher tauchte Maggie, eine Nachbarin aus dem Nebenhaus, mit kleinem Kind öfters auf dem Hof auf, wo ich zu der Zeit bei dem tollen Wetter viel saß, weil Thom in der Zeit viel tagsüber arbeiten musste. Sie besuchte Astrid, die Mutti von Cassandra, die als einzige wirklich regelmäßig Sonntags kam. Ich saß draußen an dem großen Tisch und hörte, wie die beiden zusammen mit Mandy, Astrids erwachsenen Tochter beschlossen, sich hier an den Tisch zu setzen. Da ich noch zu tun hatte, ging ich rein. Nach einer Weile kam ich wieder und sie saßen immer noch da. Ich war verunsichert und fragte, ob ich mich dazu setzen könne. Die Antwort war: “Ja, wegen dir haben wir uns ja hier her gesetzt.” Nanu?
Ja, sie wollten mich ein wenig aushorchen, was die kleine Gemeinde da hinten auf dem Hof angeht, dass das Engländer sind, wusste man ja (richtig ist, dass John Amerikaner ist). Mandy war der Ansicht, dass das eine Sekte sei, denn Cassandra hatte wohl nach einer Weile angefangen, vor dem Essen zu beten . So wurden also jede Menge Fragen gestellt, die ich beantworten konnte.
Ich war über das Interesse ehrlich überrascht und so war der Gedanke mit dem Grillen geboren. Nach dem Gottesdienst habe ich gleich die Astrid, die auf ihrer Terrasse saß, eingeladen und erzählt, dass wir das vom Hauskreis machen, aber diesmal keine Bibelarbeit – nur John würde seine Gitarre mitbringen und mit den Kids ihre Lieblingslieder aus dem Gottesdienst singen. Antwort: “Ach, das ist ja schade, denn gerade das interessiert mich wirklich”. Überraschung pur, denn das hätte ich nie gedacht. Ich hatte bisher immer angenommen, sie würde lediglich tolerieren, dass ihre Tochter zum Gottesdienst geht. Niemand war auf die Idee gekommen, sie selbst auch mal darauf anzusprechen.
Am nächsten Tag wieder eine Überraschung: ich sitze mal wieder auf dem Hof, Astrid und Maggie sitzen auf Astrids Terrasse und ich bekomme mit, wie die beiden Sandra, eine mir völlig unbekannte Frau aus den Nachbarhaus, zu “unserem Grillen” einladen. Unfassbar, das sollte doch einen bestimmten Zweck haben…, für einen Moment hatte ich überlegt, etwas dazu zu sagen, wollte die beiden aber nicht in Verlegenheit bringen, vor allen Dingen, da die Sandra sagte, sie könne eh nicht.
Die Tage hatte man sich öfters gesehen und am Morgen des Grill-Tages kam Sandra auf den Hof. Nach einer kurzen freundlichen Begrüßung drängte sich spontan die Frage auf die Lippen, ob sie nun Abends kommen würde. Nein, das ging nicht, denn sie hatte am nächsten Tag Frühschicht und müsse früh ins Bett. Sie würde so gern mal wieder grillen, “schade, dass das ausgerechnet Heute ist”. So ergab es sich von selbst, den Sinn und Zweck der Veranstaltung zu erklären. Die Reaktion darauf haut mich noch Heute um: “Was, hier gibt es eine Gemeinde? Was, hier ist regelmäßig Gottesdienst? Warum sagt mir das denn keiner? Nun wohne ich schon so lange hier und niemand hat mir das gesagt!”
Na sowas! Gut, dass ich mich nicht eingemischt hatte, als die beiden anderen Frauen sie so einfach eingeladen hatten. Nun war auch klar, wer die spontane Frage, ob sie komme, auf die Lippen geschubbst hatte! Sie erzählte, dass sie das total interessiert sei und sie ginge auch ab und an in die evangelische Kirche hier am Ort, aber das sei ihr alles zu groß. Da ist sie ja bei uns richtig, denn wir sind eine kleine Gemeinde. Aber sie wusste es nicht, weil es ihr niemand erzählt hatte und wir haben es nicht gesagt, weil wir nicht dachten, dass sie interessiert sei. Ich selbst hatte sie immer nur kurz gesehen, wenn sie nach Hause kam und ein kurzes freundliches “Hallo”, dabei war es geblieben. So kam es also hier dazu, dass wir sie für Sonntags eingeladen haben.
Abends war das Grillen und alle drei Muttis – Astrid, Maggie und Suse – kamen mit ihren Kindern, jede brachte wie besprochen etwas mit und Forky, der Nachbar, der uns den Grill geliehen hatte, war auch dabei, ebenso wie Lisa, eine weitere erwachsene Schwester von Cassandra, die ebenfalls im Nebenhaus wohnt. Es war ein sehr schöner Abend, besonders die Gesangseinlagen riefen Begeisterung hervor und das nicht nur, weil John echt toll singen kann.
Seither treffen sich die Hof-Frauen regelmäßig am großen Tisch, es wird zusammen Kaffee getrunken und geplaudert und ein Thema war immer wieder der tolle Abend. Auch Sandra sprach jedes Mal davon, Sonntag kommen zu wollen
Eine kleine Missstimmung gab es aber doch, denn wir hatten Jadon (einen Jungen aus der Kindereinrichtung neben Goerings) eingeladen, der regelmäßig zum Gottesdienst kommt. Er sollte seine Erzieher fragen, ob er kommen dürfe, hat es aber falsch verstanden und die ganze Einrichtung eingeladen. Hm, das sind immerhin 7 Kinder und einige Erzieher, soviel Fleisch hatten wir nicht eingekauft. Also lief ihm Cassandra hinterher und sagte, sie müssten aber dann was mitbringen, wenn sie kommen wollten. Das Ergebnis war, dass Jadon überhaupt nicht kam. Am nächsten Morgen sagte er auf Nachfrage, dass es zu kurzfristig gewesen sei, etwas zu besorgen. Das stimmt, denn wir hatten ihn auf den letzten Drücker eingeladen, da wir ja für ihn mit eingekauft haben, da er ohne Familie ist und allein kommen sollte.
Irgendwie war es unangenehm, dass dieses Missverständnis im Raum hing, aber Jehova sieht alles und wieder einmal griff er ein, indem eine spontane Idee geboren wurde. Eigentlich wollte ich nur für die neu gebildete Hofgemeinschaft backen, aber da alle Kinder gern Amerikaner essen und die Kids eh auf dem Hof rumrennen und spielen und genug Zutaten da waren, wurde die Kindereinrichting komplett eingeladen, diesmal alle und zwar schriftlich, mit dem Zusatz, dass für genügend Gebäck gesorgt ist .
Alle kamen, es wurde ein schöner Nachmittag und das Missverständnis konnte aus der Welt geräumt werden. Wieder einmal was das Grillen und “die Gemeinde da hinten” ein Gesprächsthema und Besucher der einzelnen Frauen und Nachbarn wurden einfach mit eingeladen. Natürlich kam jedes Mal die Frage auf, was denn der Anlass sei und so erzählten alle freimütig vom Grillen, von “der Gemeinde da hinten” und dass es sich so ergeben habe, dass man nun eine tolle Hofgemeinschaft sei.
Was soll ich sagen? Am Sonntag kamen 3 von den 4 Müttern mit ihren Kindern zum Gottesdienst, die vierte hatte leider zu viel zu tun und verschlafen. Alle waren begeistert und haben sogar aktiv bei der Besprechung von dem Bibeltext mitgemacht. Nachher war es das Gesprächsthema auf dem Hof und Astrid hat Suse vom Gottesdienst vorgeschwärmt und gesagt, sie müsse unbedingt kommen. Diese antwortete ihr, dass sie ja selbst schon zweimal mit ihrer Tochter da war: Weihnachten und Ostern. Aber sie hat sich vorgenommen, demnächst auch mit Jamie zu kommen.
Nun ist eine Woche rum und heute war leider keine der Frauen da, aber alle hatten wirklich gute Gründe und wollen nächsten Sonntag wiederkommen und überlegen sogar wegen dem Hauskreis.
Dieter, der eine Älteste, fragte mich heute, ob ich den Frauen schon die Johannesstudie angeboten hätte. Wir hatten bereits Donnerstag mit John darüber nachgedacht, aber sind etwas unsicher, weil wir die Frauen nicht überfordern wollen. Immerhin haben wir sie nun bereits zu 2 Terminen die Woche eingeladen und wir wollen sie nicht in die Enge drücken, sie sollen sich ja nicht wegen uns verpflichtet fühlen und das uns zuliebe machen, sondern weil sie es wollen.
Heute hatte ich den Auftrag, wegen dem Hauskreis nachzufragen, da ja wegen dem Kochen geplant werden muss. (Wir essen vorher alle gemeinsam, dann singen wir und danach sprechen wir eine Stunde über einen Bibeltext. Zur Zeit sind wir noch bei Lukas 5.) Aber die Hausfrau, die das Kochen übernimmt, muss ja wissen, für wie viele Personen sie kocht und auch einkaufen muss. Irgendwie hatte ich etwas Sorge, bei der Nachfrage den Eindruck zu erwecken, dass sie sich nun zu was verpflichtet hätten und habe es deshalb noch mal erklärt, dass wir niemand unter Druck setzen wollen, sondern nur wollen, dass sie wissen: die Möglichkeit besteht und sie sind herzlich willkommen, die Nachfrage ist nur wegen der Planung vom Essen.
Die Reaktion war von allen recht positiv. Zwar können einige nicht, aber niemand fühlt sich unter Druck gesetzt. Im Gegenteil, alle finden es sehr lieb… (kleiner Nachtrag vom Tag nach dem Hauskreis: Astrid, Maggie und Suse waren mit ihren Kindern gekommen, Sandra musste wegen Pollenallergie leider das Bett hüten).
Tja, diese Erfahrung mit unseren “Hof-Frauen” hier ist echt umwerfend. Besonders, weil sie zu einer Zeit kommt, wo niemand damit gerechnet hatte und die Entwicklung von Rock Berlin für einige eher entmutigend war und viele unsicher wegen den Änderungen waren.
Hier zeigt sich wieder, wie wichtig es ist, auf Jehova zu vertrauen und es wirklich komplett in seine Hand zu legen. An einer Stelle sagt er selbst, ‘dass es umsonst sei, ein Haus zu bauen, wenn nicht Jehova selbst der Bauherr ist’. Wie wahr dieser Ausspruch ist!
Unsere beiden lieben Ältesten/Pastoren haben Gott gefragt, was sie tun sollten und dann entsprechend gehandelt – auch wenn sie vielleicht Bauchschmerzen dabei hatten. Die einzelnen Brüder und Schwestern haben mitgezogen, auch wenn es uns merkwürdig verkam – und Gott hat es gesegnet und dies zur genau richtigen Zeit.
Dieter und Lucy waren ja für einen Monat in Amerika, zum einen, um ihre Familien zu besuchen, aber auch um neue Sponsoren zu werben, damit sie nicht so bald wieder zurück müssen. Natürlich wurden sie jedes Mal gefragt, wie sich Rock Berlin denn entwickelt und jedes Mal war es unangenehm, sagen zu müssen, dass die Gemeinde immer kleiner geworden ist. Viele meinen ja, der Segen Gottes müsse sich in Mehrung zeigen, ich denke da auch an die Ansprache von Dave Leander im letzten Frühjahr („It’s not about me“). Auch er musste da umdenken
Ist es etwa Zufall, dass Dieter und Lucy an ihrem letzten Tag in ihrer Ursprungsgemeinde diese tolle Erfahrung erzählen konnten? Es hat sicherlich nicht nur diese beiden sehr ermuntert.
Ein wenig schade finde ich bei dem Ganzen, dass Dieter, Lucy und Stephi dies alles nur aus der Ferne durch Mails und sms “miterleben” konnten. Ich hätte mir gewünscht, dass sie live dabei gewesen wären – denn gemeinsam mit John haben diese drei Lieben ihre ganze Zeit und Energie in den Aufbau und Erhalt der Gemeinde gesteckt. Aber vielleicht hatte Gott diese Zeit und Situation ganz bewusst so gewählt, weil er John damit ermutigen wollte, der zu der Zeit nicht nur Strohwitwer war, sondern auch noch die Last der Verantwortung alleine tragen musste.
Ja, “der Mensch denkt und Gott lenkt”. Wie wahr, war doch nur eine Woche vor dieser umwerfenden Erfahrung der Vorschlag gemacht worden, eine Sommerpause einzulegen, da doch die meisten eh im Urlaub wären und andere Gemeinden das ebenso handhaben. Wie gut, dass nicht auf diesen Vorschlag eingegangen wurde
Was für wunderbare Dinge doch passieren, wenn wir unseren Gott “lenken lassen”!!!
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