Seit einiger Zeit beschäftigen wir uns mit der Frage, ob ein Christ „sein ewiges Heil“ verlieren kann. Denn wer „wiedergeboren“ ist, gehört doch nun Gott und dieser verspricht uns ja in Römer 8, dass uns nichts von seiner Liebe trennen könne. Bedeutet dies aber, dass wir nun einfach so Leben könnten, wie es uns gerade passt – auch wenn dies völlig im Gegensatz zu Gottes Wort steht – und wir würden doch den Segen und den Lohn erhalten?
Eigentlich widerspricht sich dies doch, oder? Aber da die Bibel das Wort Gottes ist, kann es eigentlich keinen echten Widerspruch geben. Wie lässt sich dies dann erklären?
Einige führten die Stelle an, wo Paulus sagt, dass diese Personen von Anfang an überhaupt nicht wirklich zu den Christen gehörten, also nicht wirklich wiedergeboren gewesen wären. Kann dies denn sein, auch wenn sich die Person selbst doch als wiedergeboren fühlen würde und auch einige Zeit entsprechend gelebt hat?
Interessant ist, was C.H. Macintosh in seinem Kommentar zum 2. Buch Mose im Zusammenhang mit „der Weigerung des Pharao, das Volk Israel ziehen zu lassen“ genau zu diesem Thema sagt:
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DIE EINWÄNDE DES PHARAOS
Es muss nun noch der dritte oben angedeutete Punkt näher betrachtet werden, nämlich die vier Einwände des Pharaos gegen die völlige Befreiung und Trennung des Volkes Gottes von Ägypten.
DER ERSTE EINWAND DES PHARAOS
Den ersten Einwand finden wir in Kapitel 8,21: „Und der Pharao rief Mose und Aaron und sprach: Geht hin und opfert eurem Gott im Land.“ Wir brauchen kaum zu erwähnen, dass hinter dem Widerstand der Zauberer und den Einwänden des Pharaos in Wirklichkeit Satan stand; und hinter diesem Vorschlag des Pharaos verbarg sich ganz offensichtlich seine Absicht, das Zeugnis für den Namen des Herrn zu verhindern; ein Zeugnis, das mit der gänzlichen Trennung des Volkes Gottes von Ägypten verbunden war. Es ist klar, dass von einem solchen Zeugnis keine Rede sein konnte, wenn das Volk in Ägypten zurückblieb, selbst wenn dort ein Opfer gebracht worden wäre. Denn dadurch hätte Israel sich mit den Ägyptern auf denselben Boden und ihren HERRN mit den Göttern Ägyptens auf die gleiche Ebene gestellt; und ein Ägypter hätte mit Recht zu einem Israeliten sagen können: Ich sehe keinen Unterschied zwischen uns. Ihr habt euren Gottesdienst, und wir haben unseren; wo ist da der Unterschied?
Die Menschen finden es ganz in Ordnung und selbstverständlich, dass sich jeder zu irgendeiner Religion bekennt. Die Form unserer Religion bietet nur geringen Anstoß. Das sind die Gedanken der Menschen in Bezug auf das, was sie Religion nennen, aber die Verherrlichung des Namens Jesu findet darin keinen Platz. Das Prinzip der Absonderung vom Bösen wird immer auf den Widerstand des Feindes und auf das Unverständnis der Menschen stoßen. Wohl mag der Mensch, weil ihm das Gewissen bezeugt, dass nicht alles in Ordnung ist, ein Verlangen nach Religiosität haben; aber er trachtet ebenso auch nach der Welt. Am liebsten würde er „Gott opfern im Land“; und das Ziel Satans ist erreicht, wenn man eine weltliche Religion annimmt und sich weigert, hinauszugehen und sich abzusondern (2. Kor 6,17). Seine Absicht ging von jeher dahin, das Zeugnis für den Namen Gottes auf der Erde zu verhindern. Und gerade diese Absicht verbarg sich hinter dem Vorschlag: „Geht hin und opfert eurem Gott im Land.“ Wie wäre das Zeugnis gelähmt worden, wenn dieser Vorschlag Annahme gefunden hätte! Das Volk Gottes in Ägypten und Gott selbst in Verbindung mit den Abgöttern Ägyptens – welch ein schrecklicher Gedanke!
Wir sollten mit Ernst über diese Dinge nachdenken. Die Anstrengung des Feindes, um Israel zu bewegen, dem Herrn in Ägypten zu opfern, stellt einen weit wichtigeren Grundsatz ans Licht, als wir auf den ersten Blick meinen mögen. Der Feind würde triumphieren, wenn er durch irgendwelche Mittel und zu irgendeiner Zeit auch nur den Schein einer göttlichen Anerkennung der Religion der Welt herbeiführen könnte. Gegen eine Religion dieser Art erhebt er keine Einsprüche. Er erreicht sein Ziel ebenso sicher durch das, was man die „religiöse Welt“ nennt, wie durch jedes andere Mittel; und wenn es ihm daher gelingt, einen wahren Christen dahin zu bringen, dass er die Religion des Tages anerkennt, so hat er in der Tat einen großen Erfolg errungen. Es ist eine bekannte Tatsache, dass in der Welt nichts einen so heftigen Unwillen erregt wie der göttliche Grundsatz der Absonderung von dem gegenwärtigen bösen Zeitlauf. Man mag dieselben Ansichten haben, dieselben Lehren verkünden und dieselben Werke tun; sobald man aber auch nur versucht, nach den göttlichen Geboten „Von diesen wende dich weg“ (2. Tim 3,5) und „Geht aus ihrer Mitte hinaus und sondert euch ab“ (2. Kor 6,17) zu handeln, so muss man mit heftigem Widerstand rechnen. Wie ist das zu erklären? In erster Linie durch die Tatsache, dass Christen, die sich von der Religion der Welt trennen, ein Zeugnis für Christus sind, und das ist in Verbindung mit der Welt nicht möglich.
Zwischen einer weltlichen Religion und Christus besteht ein sehr großer Unterschied. Auch ein Hindu wird von seiner Religion zu reden wissen; aber von Christus weiß er nichts. Der Apostel sagt nicht: „Wenn es nun irgendeine Ermunterung gibt in der Religion“ (Phil 2,1), obwohl die Anhänger jeder Religion ohne Zweifel das darin finden, was sie für eine Ermunterung halten; Paulus aber fand seinen Trost in Christus, nachdem er die Nichtigkeit der Religion, und zwar in ihrer schönsten und bestechendsten Form, völlig erprobt hatte (vgl. Gal 1,13.14; Phil 3,4–11).
Zwar redet der Geist Gottes von einem „reinen und unbefleckten Gottesdienst“ (Jak 1,27). aber der nicht wiedergeborene Mensch kann sich in keiner Weise daran beteiligen. Denn wie könnte er an etwas teilhaben, was „rein und unbefleckt“ ist? Dieser Gottesdienst ist aus dem Himmel, wo alles, was rein und lieblich ist, seinen Ursprung hat; er ist nur vor „Gott und dem Vater“ möglich und dient zur Ausübung der Tätigkeiten der neuen Natur, die jeder bekommt, der an den Namen des Sohnes Gottes glaubt (Joh 1,12.13; Jak 1,18; 1. Pet 1,23; 1. Joh 5,1); und dieser Gottesdienst lässt sich zwei grundlegenden Prinzipien zuordnen: der praktischen Nächstenliebe und der persönlichen Heiligkeit, d. i. „Waisen und Witwen in ihrer Drangsal zu besuchen, sich selbst von der Welt unbefleckt zu erhalten“ (Jak 1,27).
Alles, was zu den echten Früchten des christlichen Glaubens zählt, lässt sich unter diese beiden Grundsätze einordnen; und es ist sehr bemerkenswert, dass sowohl in 2. Mose 8 als auch in Jakobus 1 die Absonderung von der Welt als eine unerlässliche Eigenschaft in der Ausübung des wahren Gottesdienstes bezeichnet wird. Gott kann nichts als „rein und unbefleckt“ annehmen oder anerkennen, das mit der „gegenwärtigen bösen Welt“ (Gal 1,4) in Berührung gekommen ist. „Darum geht aus ihrer Mitte hinaus und sondert euch ab, spricht der Herr, und rührt Unreines nicht an, und ich werde euch aufnehmen; und ich werde euch zum Vater sein, und ihr werdet mir zu Söhnen und Töchtern sein, spricht der Herr, der Allmächtige“ (2. Kor 6,17.18).
In Ägypten gab es keinen Begegnungsort für den HERRN und sein auserwähltes Volk. Befreiung und Trennung von Ägypten war für Israel dieselbe Sache. Gott hatte gesagt: „Ich bin herabgekommen, um es … zu erretten“ (Kap. 3,8); und nichts weniger als das hätte ihn befriedigen oder verherrlichen können. Eine Erlösung, die das Volk in Ägypten zurückgelassen hätte, wäre keine Erlösung Gottes gewesen. Zudem dürfen wir nicht aus dem Auge verlieren, dass es bei der Erlösung Israels und ebenso bei der Vernichtung des Pharaos die Absicht Gottes war, dass man seinen Namen verkündige auf der ganzen Erde (Kap. 9,16). Aber wie hätte der Name oder der Charakter Gottes bekannt gemacht werden können, wenn sein Volk versucht hätte, ihm in Ägypten ein Opfer zu bringen? Entweder gar nicht oder nur in verfälschter Weise. Für die vollkommene und zuverlässige Offenbarung des Charakters Gottes war es deshalb notwendig, dass sein Volk befreit und völlig von Ägypten getrennt wurde. Und um heute ein klares, eindeutiges Zeugnis für den Sohn Gottes ablegen zu können, ist es ebenso notwendig, dass alle, die ihm wirklich angehören, von der gegenwärtigen bösen Welt getrennt sind. Das ist der Wille Gottes, und zu diesem Zweck hat Christus sich selbst gegeben, wie wir lesen: „Gnade euch und Friede von Gott, dem Vater, und unserem Herrn Jesus Christus, der sich selbst für unsere Sünden gegeben hat, damit er uns herausnehme aus der gegenwärtigen bösen Welt, nach dem Willen unseres Gottes und Vaters, dem die Herrlichkeit sei von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen“ (Gal 1,3–5).
Die Galater waren auf dem Weg, sich einer fleischlichen und weltlichen Religion zuzuwenden, einer Religion mit Satzungen, Tagen, Neumonden, Zeiten und Jahren, und der Apostel beginnt seinen Brief mit der Mitteilung, dass der Herr Jesus sich selbst hingegeben habe, um sein Volk gerade davon zu befreien. Das Volk Gottes muss ein abgesondertes Volk sein, jedoch nicht etwa aufgrund seiner höheren persönlichen Heiligkeit, sondern weil es Gottes Volk ist und damit Gott bei dem Volk eine ihm gemäße Antwort auf seine Gnade finden kann, die darin besteht, dass Er das Volk mit sich selbst und mit seinem Namen verbunden hat. Ein Volk inmitten der Gräuel Ägyptens hätte unmöglich ein Zeugnis für den heiligen Gott sein können; und ebenso wenig kann heute jemand, der mit einer verdorbenen weltlichen Religion verbunden ist, ein entschlossener und treuer Zeuge für den gekreuzigten und auferstandenen Christus sein.
DIE DREI-TAGE-REISE UND DIE WAHRE STELLUNG DER GLÄUBIGEN AUSSERHALB DER WELT
Die Erwiderung Moses auf den ersten Einwand des Pharaos ist sehr bemerkenswert. „Und Mose sprach: Es geziemt sich nicht, so zu tun; denn wir würden dem HERRN, unserem Gott, die Gräuel1der Ägypter opfern; siehe, opferten wir die Gräuel der Ägypter vor ihren Augen, würden sie uns nicht steinigen? Drei Tagesreisen weit wollen wir in die Wüste ziehen und dem HERRN, unserem Gott, opfern, so wie er zu uns geredet hat“ (Kap. 8,22.23). Das war eine wirkliche Trennung von Ägypten: „drei Tagesreisen weit“; und das allein konnte den Glauben zufrieden stellen. Das Volk Gottes musste in der Kraft der Auferstehung von dem Land des Todes und der Finsternis getrennt werden. Das Wasser des Roten Meeres musste zwischen den Erkauften Gottes und dem Land Ägypten sein, ehe sie ihrem HERRN in gebührender Weise opfern konnten. Wären sie in Ägypten geblieben, so hätten sie ihm die Gegenstände des gräulichen Gottesdienstes Ägyptens opfern müssen; das aber hätte nicht genügt. Die Stiftshütte, der Tempel und der Altar wären in Ägypten nicht denkbar gewesen. Innerhalb der Grenzen dieses Landes gab es keinen Platz für irgendetwas Derartiges. Und tatsächlich begann der Dienst der Anbetung und das Lob Gottes nicht eher, als bis die ganze Gemeinde in der Kraft der vollbrachten Erlösung die andere, Kanaan zugewandte Seite des Roten Meeres erreicht hatte. Genauso ist es heute. Der Gläubige muss wissen, wohin der Tod und die Auferstehung des Herrn Jesus Christus ihn für immer gestellt haben, bevor er ein einsichtsvoller Anbeter, ein wohlgefälliger Diener und ein wirksamer Zeuge sein kann.
Es handelt sich hier nicht um die Frage, ob man ein Kind Gottes und somit gerettet ist. Viele Kinder Gottes sind weit davon entfernt, alle Ergebnisse des Todes und der Auferstehung Christi zu verstehen. Sie vermögen nicht die kostbare Wahrheit zu erfassen, dass der Tod Christi ihre Sünden für immer abgeschafft hat (Heb 9,26) und dass sie die glücklichen Teilhaber seines Auferstehungslebens sind, eines Lebens, mit dem die Sünde nichts mehr zu tun hat. Christus ist für uns zum Fluch geworden, und zwar nicht – wie etliche uns belehren möchten – weil Er unter dem Fluch eines übertretenen Gesetzes geboren wurde, sondern weil Er am Holz hing (vgl. 5. Mo 21,23; Gal 3,13). Wir waren unter dem Fluch, weil wir das Gesetz nicht gehalten hatten; aber Christus, der vollkommene Mensch, wurde, nachdem Er das Gesetz groß und herrlich gemacht hatte (Jes 42,21), gerade durch seinen vollkommenen Gehorsam ein Fluch für uns, indem Er ans Holz gehängt wurde. In seinem Leben machte Er also das Gesetz Gottes groß, und in seinem Tod trug Er unseren Fluch. Für den Gläubigen gibt es deshalb jetzt weder Schuld noch Zorn noch Verdammnis; und obwohl er vor dem Richterstuhl Christi offenbart werden muss, so wird sich doch dieser Richterstuhl ebenso günstig für ihn erweisen, wie es jetzt das Sühnmittel ist. Der Richterstuhl wird die Wahrheit seiner Stellung, nämlich dass nichts gegen ihn ist, offenbar machen; und was er ist, das hat Gott aus ihm gemacht. Er ist das Werk Gottes. Gott hat sich seiner angenommen, als er in einem Zustand des Todes und der Verdammnis war, und hat ihn genau so gebildet, wie Er ihn haben wollte. Der Richter selbst hat alle seine Sünden getilgt und ist jetzt seine Gerechtigkeit, so dass der Richterstuhl ihm keinen Schaden bringen kann. Im Gegenteil, er wird für den Himmel, die Erde und die Hölle die öffentliche und feierliche Erklärung sein, dass der, der in dem Blut des Lammes von seinen Sünden gewaschen ist, so rein ist, wie nur Gott allein ihn rein zu machen vermag (vgl. Joh 5,24; Röm 8,1; 2. Kor 5,5.10.11; Eph 2,10). Alles, was getan werden musste, hat Gott selbst getan. Könnte Er sein eigenes Werk verdammen? Die Gerechtigkeit, die gefordert wurde, hat Gott selbst bewirkt. Sollte Er noch einen einzigen Makel daran finden? Das Licht des Richterstuhls wird hell genug sein, um zu zeigen, dass der Gläubige ganz rein ist (Joh 13,10; 15,3; Eph 5,27).
Weil diese Grundwahrheiten nicht in einfältigem Glauben ergriffen werden, haben so viele Kinder Gottes keinen dauernden Frieden und ständige Veränderungen in ihrem geistlichen Zustand. Jeder Zweifel in dem Herzen eines Christen ist aber eine Unehre für das Werk Gottes und für das Opfer Christi. Wenn ein Gläubiger von Zweifeln und Furcht gequält wird, dann deshalb, weil er sich noch nicht in dem vollen Licht sieht, welches einst von dem Richterstuhl ausstrahlen wird. Und dennoch ist diese wankelmütige Haltung so vieler Seelen von untergeordneter Bedeutung, weil es nur ihre eigene Erfahrung betrifft. Viel beklagenswerter sind die dadurch hervorgebrachten Wirkungen auf ihre Anbetung, ihren Dienst und ihr Zeugnis, weil dies die Ehre des Herrn betrifft. Aber an diese Ehre wird im Allgemeinen wenig gedacht. Bei der Mehrzahl der bekennenden Christen gilt die persönliche Errettung als Hauptgegenstand, als Ziel und Ende. Wir sind immer geneigt, alles, was uns selbst betrifft als wesentlich anzusehen, während das, was auf die Verherrlichung Christi in und durch uns Bezug hat, als unwesentlich betrachtet wird.
Hier fehlt es an der klaren Erkenntnis, dass dieselbe Wahrheit, die dem Gläubigen einen unerschütterlichen Frieden gibt, ihn auch zu einer einsichtsvollen Anbetung, zu einem wohlgefälligen Dienst und zu einem wirksamen Zeugnis befähigt. In 1. Kor 15 bezeichnet der Apostel den Tod und die Auferstehung Christi als das Fundament von allem, indem er sagt: „Ich tue euch aber kund, Brüder, das Evangelium, das ich euch verkündigt habe, das ihr auch angenommen habt, in dem ihr auch steht, durch das ihr auch errettet werdet (wenn ihr an dem Wort festhaltet, das ich euch verkündigt habe), es sei denn, dass ihr vergeblich geglaubt habt. Denn ich habe euch zuerst überliefert, was ich auch empfangen habe: dass Christus für unsere Sünden gestorben ist, nach den Schriften; und dass er begraben wurde und dass er auferweckt worden ist am dritten Tag nach den Schriften“ (V. 1–4). Das ist das Evangelium in kurzen, aber umfassenden Worten. Ein gestorbener und auferstandener Christus ist die Grundlage der Errettung. Er ist unserer Übertretungen wegen dahingegeben und unserer Rechtfertigung wegen auferweckt worden (Röm 4,25). Jesus im Glauben zu betrachten – an das Kreuz geschlagen und jetzt sitzend auf dem Thron Gottes –, gibt dem Gewissen festen Frieden und dem Herzen vollkommene Freiheit. Wir blicken in das Grab und finden es leer, wir schauen zum Thron hinauf und sehen ihn besetzt; und wir gehen unseren Weg mit Freuden. Der Herr Jesus hat am Kreuz alles zugunsten seines Volkes in Ordnung gebracht; und zum Beweis dafür sehen wir ihn jetzt zur Rechten Gottes. Die Auferstehung Christi ist die ewige Gewähr einer vollbrachten Erlösung; und wenn die Erlösung eine vollendete Tatsache ist, dann ist der Friede des Gläubigen unerschütterlich. Nicht wir haben Frieden gemacht, wir hätten es auch nicht tun können. Aber Christus hat, nachdem Er durch das Blut seines Kreuzes Frieden gemacht hat, triumphierend über jeden Feind in den himmlischen Örtern Platz genommen (Eph 1,20 f.). Durch ihn verkündigt Gott Frieden. Das Evangelium bringt diesen Frieden; und wer dem Evangelium glaubt, besitzt Frieden, unantastbaren Frieden vor Gott; denn Christus selbst ist sein Friede (Apg 10,36; Röm 5,1; Eph 2,14; Kol 1,20). Auf diese Weise hat Gott nicht nur seinen eigenen Ansprüchen Genüge getan, sondern eben damit auch einen gerechten Ausweg gefunden, durch den seine unendliche Liebe hinabströmen kann bis zu dem Schuldigsten unter den Nachkommen Adams.
Und endlich ist dies alles auch für das praktische Leben eines Christen von Bedeutung. Das Kreuz Christi hat nicht nur die Sünden des Gläubigen weggenommen, sondern auch für immer seine Verbindung mit der Welt gelöst, so dass er das Vorrecht hat, die Welt als eine gekreuzigte Sache zu betrachten und von ihr als ein Gekreuzigter betrachtet zu werden. Das ist das Verhältnis zwischen einem Gläubigen und der Welt. Sie ist ihm gekreuzigt und er ihr. Das Urteil der Welt über Christus fand seinen Ausdruck in dem Platz, den sie ihm mit Bedacht zuwies. Die Welt hatte zwischen Christus und einem Mörder zu wählen. Sie gab dem Mörder die Freiheit, während sie Christus zwischen zwei Räubern an das Kreuz heftete. Und wenn jetzt der Gläubige in der Nachfolge die Gesinnung Christi offenbart, dann gebührt ihm – auch nach dem Urteil der Welt – derselbe Platz. Auf diese Weise wird er nicht nur erkennen, dass er im Blick auf seine Stellung vor Gott mit Christus gekreuzigt ist, sondern er wird diese Tatsache auch in seinem Leben und in seinen Erfahrungen Tag für Tag verwirklichen.
Aber während das Kreuz das Band, das einst den Gläubigen mit der Welt verband, zerrissen hat, brachte ihn die Auferstehung in den Machtbereich neuer Verbindungen und neuer Beziehungen. Wie wir in dem Kreuz das Urteil der Welt über Christus erblicken, so zeigt uns die Auferstehung das Urteil Gottes. Die Welt hat Christus gekreuzigt, Gott aber hat ihn hoch erhoben (Phil 2,9). Der Mensch gab Christus den niedrigsten Platz, Gott gab ihm den höchsten; und da der Gläubige in seinen Gedanken über Christus zu einer vollkommenen Gemeinschaft mit Gott berufen ist, so ist er befähigt, das Blatt umzudrehen und die Welt als eine gekreuzigte Sache zu betrachten. Die moralische Entfernung, die den Gläubigen von der Welt trennt, ist daher unermesslich. Wenn sie es aber ihrem Wesen nach ist, so sollte sie es auch in der Praxis sein. Die Welt und der Christ sollten auch praktisch nichts miteinander gemein haben.
Das alles ist deutlich genug; aber wir müssen uns darüber klar sein, welcher Platz uns dadurch im Blick auf diese Welt angewiesen wird. Es ist ein Platz völlig außerhalb der Welt! Wir sind der Welt gestorben und mit Christus lebendig gemacht. Wir sind mit ihm verbunden in seiner Verwerfung, aber auch in seiner Annahme im Himmel; und die Freude darüber lässt uns die Trübsal der Verwerfung ertragen. Von der Erde verworfen zu sein, ohne zu wissen, dass ich einen Platz im Himmel habe, ist unerträglich; aber wenn die Herrlichkeiten des Himmels meinen Sinn ausfüllen, was frage ich dann nach der Erde und ihren Dingen?
Aber man wird vielleicht fragen: „Was ist die Welt?“ Schwerlich wird man einen Ausdruck finden, der unklarer und unbestimmter ausgelegt wird, als das Wort „Welt“ oder „Weltlichkeit“; denn wir neigen dazu, die „Weltlichkeit“ so zu definieren, dass wir uns selbst nicht verurteilen müssen. Das Wort Gottes hingegen gibt mit Bestimmtheit über die Bedeutung des Ausdruckes „Welt“ Aufschluss, indem es sie als das kennzeichnet, was „nicht von dem Vater ist“ (1. Joh 2,15.16). Je enger daher meine Gemeinschaft mit dem Vater ist, umso schärfer wird mein Unterscheidungsvermögen im Blick auf die Weltlichkeit sein. Das ist Gottes Art, uns zu belehren. Je mehr man sich an der Liebe des Vaters erfreut, umso mehr verwirft man die Welt. Und wer offenbart den Vater? Der Sohn. In welcher Weise? Durch die Kraft des Heiligen Geistes. Je besser ich daher in der Kraft des Geistes die durch den Sohn bewirkte Offenbarung des Vaters verstehe, umso richtiger wird mein Urteil über alles sein, was von der Welt ist. Den Begriff „Welt“ klar begrenzen zu wollen, wäre vergebliche Mühe; denn er enthält, wie jemand einmal gesagt hat, alle Farbabstufungen, vom hellsten Weiß bis ins tiefste Schwarz. Man kann keine Grenzen setzen und sagen: „Hier ist der Punkt, wo die Weltlichkeit beginnt“; aber die empfindsame göttliche Natur weicht vor ihr zurück; und unsere einzige Aufgabe besteht darin, dass wir in der Kraft dieser Natur leben, um uns vor Weltlichkeit zu bewahren: „Wandelt im Geist, und ihr werdet die Lust des Fleisches nicht vollbringen“ (Gal 5,16). Wandelt mit Gott und ihr werdet nicht mit der Welt wandeln. Kalte Erklärungen und strenge Regeln werden hier wirkungslos bleiben. Was wir brauchen ist die Macht des göttlichen Lebens und geistliches Verständnis über die praktische Bedeutung jener „drei Tagereisen in die Wüste“, durch die wir nicht nur von den Ziegelhütten und Fronvögten Ägyptens, sondern auch von den Tempeln und Altären dieses Landes für immer getrennt sind.
DER ZWEITE EINWAND DES PHARAOS
Der zweite Einwand des Pharaos unterschied sich nur wenig von dem ersten. „Und der Pharao sprach: „Ich will euch ziehen lassen, damit ihr dem HERRN, eurem Gott, in der Wüste opfert; nur entfernt euch nicht so weit“ (Kap. 8,24)! Wenn er die Israeliten nicht in Ägypten behalten konnte, so wollte er sie doch wenigstens in seiner Nähe ansiedeln, um durch die Einflüsse des Landes auf sie einwirken zu können. Vielleicht hätten sie später einmal wieder zurückgeführt werden können; und dann wäre das Zeugnis weit wirkungsvoller vernichtet gewesen, als wenn sie Ägypten nie verlassen hätten. Der Sache Christi geschieht weit mehr Schaden, wenn Seelen zur Welt zurückkehren, nachdem sie scheinbar von ihr ausgegangen sind, als wenn sie immer in der Welt geblieben wären; denn solche Seelen geben dadurch zu erkennen, dass sie nach einer Prüfung der himmlischen Dinge meinen, dass die irdischen Dinge besser sind und mehr Befriedigung geben können.
Das ist aber noch nicht alles. Die Wirkung der Wahrheit auf das Gewissen unbekehrter Menschen verliert durch das Beispiel solcher Bekenner ihre Kraft. Das heißt nicht, dass solche Fälle jemanden berechtigen, die Wahrheit Gottes zu verwerfen, denn jeder ist für sich selbst verantwortlich und wird Gott für sich selbst Rechenschaft geben müssen. Aber die Wirkung bleibt in jeder Hinsicht beklagenswert. „Denn wenn sie, entflohen den Befleckungen der Welt durch die Erkenntnis des Herrn und Heilandes Jesus Christus, aber wieder in diese verwickelt, überwältigt werden, so ist für sie das Letzte schlimmer als das Erste. Denn es wäre besser für sie, den Weg der Gerechtigkeit nicht erkannt zu haben, als, nachdem sie ihn erkannt haben, sich abzuwenden von dem ihnen überlieferten heiligen Gebot“ (2. Pet 2,20.21).
Wenn daher jemand nicht „weit wegziehen“ will, so wäre es viel besser, wenn er gar nicht auszöge. Der Feind wusste das sehr wohl und machte deshalb seinen zweiten Einwand. Die Einnahme einer Grenzstellung entspricht bestens seinen Absichten. Alle, die diese Stellung einnehmen, stehen weder auf der einen noch auf der anderen Seite; und tatsächlich wird sich ihr Einfluss, welcher Art er auch sei, stets in einer verkehrten Richtung auswirken.
Es ist in der Tat sehr wichtig, bei allen diesen Einwänden die Absicht Satans zu sehen. Er wollte unter allen Umständen das Zeugnis für den Namen des Gottes Israels verhindern, das nur durch eine „dreitägige Reise in die Wüste“ abgelegt werden konnte. Die Entfernung war viel größer, als der Pharao sich vorstellen konnte, und viel weiter, als er ihnen folgen konnte. Welch ein Glück wäre es, wenn alle, die von Ägypten auszugehen bekennen, sich in ihrem praktischen Leben ebenso weit von dem Land entfernten und das Kreuz und das Grab Christi als die Grenzen zwischen sich und der Welt anerkennen würden! In der Kraft der eigenen Natur kann kein Mensch diesen Boden betreten. Der Psalmist musste sagen: „Geh nicht ins Gericht mit deinem Knecht! Denn vor dir ist kein Lebendiger gerecht“ (Ps 143,2). Genauso ist es in Bezug auf die echte Absonderung von der Welt. Kein „Lebendiger“ kann sie verwirklichen. Nur als „gestorben mit Christus“ und als „mitauferweckt durch den Glauben an die wirksame Kraft Gottes“ (Kol 2,12) kann von einer Rechtfertigung vor Gott oder von einer Absonderung von der Welt die Rede sein. Das ist es, was man ein „weites Wegziehen“ nennen kann. Möchten doch alle, die Christen zu sein bekennen, so weit wegziehen! Dann wäre ihr Leben eindeutig, ihr Wandel himmlisch und ihre Erfahrungen reich. Und vor allem würde dann, dem Willen Gottes entsprechend, der Name des Herrn Jesus Christus durch die Kraft des Heiligen Geistes an ihnen verherrlicht werden.
DER DRITTE EINWAND DES PHARAOS
Der dritte Einwand des Pharaos verdient unsere besondere Aufmerksamkeit. „Und Mose und Aaron wurden wieder zum Pharao gebracht, und er sprach zu ihnen: Zieht hin, dient dem HERRN, eurem Gott! Welche alle sind es, die ziehen sollen? Da sprach Mose: Mit unseren Jungen und mit unseren Alten wollen wir ziehen, mit unseren Söhnen und mit unseren Töchtern, mit unserem Kleinvieh und mit unseren Rindern wollen wir ziehen; denn wir haben ein Fest des HERRN. Und er sprach zu ihnen: Der HERR sei so mit euch, wie ich euch und eure kleinen Kinder ziehen lasse! Gebt Acht, denn ihr habt Böses vor! Nicht so! Zieht doch hin, ihr Männer, und dient dem HERRN; denn das ist es, was ihr begehrt habt. Und man trieb sie vom Pharao hinaus“ (Kap. 10,8–11). Wieder sehen wir hier das Bemühen des Feindes, dem Zeugnis für den Namen des Gottes Israels einen tödlichen Schlag zu versetzen. Die Eltern in der Wüste und ihre Kinder in Ägypten – welche Verwirrung! Das wäre wirklich nur eine halbe Befreiung und nicht nur nutzlos für Israel, sondern auch verunehrend für den Gott Israels gewesen. Das durfte nicht geschehen. Wenn die Kinder in Ägypten zurückgeblieben wären, dann hätte man nicht von den Eltern sagen können, dass sie Ägypten verlassen hätten, denn ihre Kinder waren ein Teil von ihnen. Man hätte höchstens behaupten können, dass sie teils dem HERRN und teils dem Pharao dienten. Aber der HERR konnte kein Teil mit dem Pharao haben; Er musste alles besitzen oder gar nichts. Das ist ein wichtiger Grundsatz für christliche Eltern! Es ist ein Vorrecht für uns, dass wir unsere Kinder Gott anvertrauen und „in der Zucht und Ermahnung des Herrn“ (Eph 6,4) erziehen dürfen; und wir sollten uns für sie mit nichts Geringerem begnügen, als mit dem, was wir selbst besitzen.
DER VIERTE EINWAND DES PHARAOS
Der vierte und letzte Einwand des Pharaos bezieht sich auf die Rinder und das Kleinvieh. „Und der Pharao rief Mose und sprach: Zieht hin, dient dem HERRN; nur euer Kleinvieh und eure Rinder sollen zurückbleiben; auch eure kleinen Kinder mögen mit euch ziehen“ (Kap. 10,24). Mit welch zäher Beharrlichkeit machte Satan den Israeliten jeden Zoll des Weges aus Ägypten streitig! Zunächst sucht er sie im Land zurückzuhalten; dann fordert er sie auf, sich in der Nähe des Landes niederzulassen; dann sucht er einen Teil des Volkes zurückzuhalten, und schließlich, als alle diese Forderungen erfolglos bleiben, will er sie ziehen lassen ohne Opfertiere für den Gottesdienst. Konnte er die Diener nicht zurückhalten, so wollte er doch jedenfalls ihren Dienst verhindern, um so wenigstens teilweise seinen Zweck zu erreichen. Konnte er sie nicht bewegen, im Land selbst zu opfern, so sollten sie doch aus dem Land ziehen ohne Schlachtopfer.
Die Antwort Moses auf diesen letzten Einwand enthält eine herrliche Darstellung der unumschränkten Rechte des HERRN über sein Volk und über alles, was ihm angehört. „Und Mose sprach: Auch Schlachtopfer und Brandopfer musst du in unsere Hände geben, damit wir dem HERRN, unserem Gott, opfern. So muss auch unser Vieh mit uns ziehen, nicht eine Klaue darf zurückbleiben; denn davon werden wir nehmen, dem HERRN, unserem Gott, zu dienen; wir wissen ja nicht, womit wir dem HERRN dienen sollen, bis wir dorthin kommen“ (Kap. 10,25.26). Nur wenn die Kinder Gottes in einfältigem Glauben die hohe Stellung einnehmen, in die sie durch den Tod und die Auferstehung versetzt sind, haben sie in etwa ein Verständnis von den Rechten Gottes über sie. „Wir wissen ja nicht, womit wir dem HERRN dienen sollen, bis wir dorthin kommen“; d. h. Israel kannte weder seine Verantwortlichkeit noch die Forderungen Gottes, bis es den Weg von „drei Tagesreisen“ zurückgelegt hatte. Wie hätte das Volk auch diese Dinge in der verunreinigten Atmosphäre Ägyptens erkennen können? Man muss die Erlösung als eine vollendete Tatsache kennen, bevor man eine richtige oder vollständige Vorstellung von der Verantwortlichkeit haben kann. „Wenn jemand seinen Willen tun will, so wird er von der Lehre wissen …“ (Joh 7,17). Wir müssen in der Kraft des Todes und der Auferstehung von Ägypten ausgegangen sein, und nur dann werden wir wissen, was eigentlich der Dienst des Herrn ist. Erst wenn wir durch den Glauben die herrlichen Segnungen verstanden haben, die uns das kostbare Blut Christi erworben hat, wenn wir um uns her blicken und die wunderbaren Ergebnisse der göttlichen Liebe überschauen, wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf Christus richten, der uns an diesen Platz gebracht und uns mit diesen Reichtümern beschenkt hat, nur dann fühlen wir uns gedrängt, ihm zu dienen und ihn anzubeten.
„Nicht eine Klaue darf zurückbleiben“. Ägypten ist nicht der Platz für irgendetwas, was den Erlösten Gottes gehört. Christus allein gebührt alles: Leib, Seele und Geist; alles, was wir sind und haben, gehört ihm. Wir sind nicht unser selbst; denn wir sind um einen Preis erkauft (1. Kor 6,20), und es ist unser Vorrecht, uns mit allem, was wir besitzen, ihm zu weihen, dem wir angehören und dem zu dienen wir berufen sind. Das hat nichts mit einer gesetzlichen Gesinnung zu tun. Die Worte „bis wir dorthin kommen“ bieten uns einen göttlichen Schutz gegen dieses schreckliche Übel. Wir haben „drei Tagesreisen“ zurückgelegt, ehe wir ein einziges Wort bezüglich des Opfers hören oder verstehen konnten; wir haben das Auferstehungs-leben und ewige Gerechtigkeit; wir haben das Land des Todes und der Finsternis verlassen und sind zu Gott selbst geführt worden, so dass wir uns an ihm erfreuen können in der Kraft des Lebens, das Er uns geschenkt, und in dem Bereich der Gerechtigkeit, in die Er uns versetzt hat: Somit ist es unsere Freude, zu dienen. Es gibt keine Zuneigung im Herzen, deren Er nicht würdig, kein Schlachtopfer unter der ganzen Herde, das für seinen Altar zu kostbar wäre. Je näher wir bei ihm sind, umso mehr werden wir es als unsere Speise betrachten, seinen heiligen Willen zu tun. Der Gläubige sieht sein höchstes Vorrecht darin, dem Herrn dienen zu können. Er findet seine Freude in jeder Tätigkeit und jeder Offenbarung der göttlichen Natur. Er steht nicht unter dem Druck eines schmerzhaften Joches oder einer unerträglichen Last. Sein Joch ist gesprengt infolge des Fettes (Jes 10,27), seine Last ist für immer von ihm genommen durch das Blut des Kreuzes; und er selbst geht seinen Weg als „Erkaufter, Wiedergeborener und Befreiter“ aufgrund der tröstenden und ermunternden Worte: „Lass mein Volk ziehen!“
Diese Abhandlung finde ich persönlich besonders tröstlich, denn es zeigt mir, dass so eine Person auf Abwegen nicht unbedingt böswillig handeln muss. Es kann durchaus sein, dass sie überhaupt noch nicht begriffen hatte, was Jesus da für sie getan hat und was es wirklich bedeutet. Dies birgt ja dann Heilung in sich, denn man kann der Person helfen zu verstehen und wirklich zu begreifen, was Jesus für uns und auch für sie getan hat.
Diese ganze Sache mit der „Gemeindezucht“, über die in so einem Zusammenhang immer schnell gesprochen wird, finde ich persönlich nicht ganz so toll. Auch wenn es in einigen Fällen scheinbar hilft, die betroffene Person vom verkehrten Weg abzubringen, so kann es auch nach Hinten losgehen. Denn wenn jemand nur umdreht, damit er „wieder dazu gehört“, ist dies meiner Meinung nach nicht wirklich effektiv und die falsche Motivation, denn er wird immer wieder vom Weg abirren und es vielleicht beim nächsten Mal „geschickter verbergen“.
Auch die Art und Weise, dem anderen „du, du, das darfst du aber nicht, das will Gott aber nicht, da wird er aber ganz böse bzw traurig“ finde ich persönlich nicht besonders effektiv. Denn es bringt eventuell einen falschen Gedanken rüber: „du bist nicht wirklich von Gott geliebt, sondern nur, wenn du alles so machst, wie er das will“ und wird eventuell nur als Druck empfunden, der Widerwillen hervorruft. Ja, „man kann Fische auch tot streicheln“ – aber dies was der Macintosh hier sagt, gibt einen ganz neuen Ansatz auch für biblische Seelsorge frei:
Ich war schon immer der Ansicht, dass man viel Schaden anrichtet, wenn man die Leute entweder mit toller Belohnung lockt oder mit Strafe droht. Sie „kommen dann zwar in die Wahrheit“ oder „zu Christus“, aber es gibt kein wirkliches Verhältnis zum Schöpfer. Denn wenn ich gelockt wurde mit „wenn Du Jesus in dein Herz aufnimmst, dann wird er dich segnen und beschützen“, dann ist das eher so ein Handel und widerspricht zudem dem, was wir in Hiob gelesen haben. Wie soll dann so jemand damit umgehen, wenn er nun doch Christ ist und trotzdem jede Menge Probleme in seinem Leben hat? Woran zweifelt er dann? Und ist es dann verwunderlich, wenn er ausbrechen will und die Berechtigung von Gott vorraussetzt, da ja das Versprechen war „wenn du Christ bist, geht es dir gut“? Wenn Gott mir verspricht, dass alles gut ist mit IHM, dann muss er entweder die Situation ändern oder mich da raus lassen. Das ist eine völlig logische Schlussfolgerung, oder nicht?
Also liegt das Problem nicht so sehr in dem „böse böse“, sondern eher darin, dass die betreffende Person überhaupt nicht verstanden hat, wer und wie Gott eigentlich ist und was Jesus da eigentlich für sie getan hat. „Ja, alles klar, er ist für meine Sünden gestorben. Hab ich verstanden, alles klar.“ Aber die ganze Tiefe und Breite dessen wurde überhaupt nicht verstanden. Man hat begriffen, dass Jesus so etwas wie ein lieber netter Mann ist und uns hilft, wenn wir in Not sind. Weiter geht das Verständnis nicht und daher kann man auch nicht groß weiter was von so einer Person erwarten, die das überhaupt nicht wirklich begriffen hat. Sie war beglückt und es hatte ihr Leben verändert, diesen netten und lieben Helfer an der Seite zu wissen – aber sie war nicht wirklich neugeboren oder wiedergeboren und daher „gehörte sie nicht zu unserer Art“, wie Paulus sagte. Sie kann ihr ewiges Heil nicht verlieren, da sie es überhaupt noch nicht wirklich ergriffen hatte – weil sie es noch garnicht erkannt hatte.
Also wäre für uns der Ansatz, zu helfen, wirklich zu begreifen, was Jesus da getan hat….
Hört sich für euch jetzt doof an? Mir gefällt dieser Gedanke und bringt endlich wieder den Frieden in mein Herz zurück
Gott sei Dank, dass nichts unsere Verbindung mit ihm lösen kann. Wir sind gerettet durch den HERRN, nicht mit einer bedingten, vorübergehenden, sondern mit einer ewigen Rettung (Jes 45,17). Aber Errettung und Gemeinschaft sind zwei verschiedene Dinge. Viele Seelen sind errettet, ohne es zu wissen, und viele auch, ohne sich ihrer Errettung zu erfreuen. Ich kann mich nicht über die Sicherheit freuen, die das Blut an den Türpfosten mir bietet, wenn sich Sauerteig in meinem Haus befindet. Das ist ein unveränderlicher göttlicher Grundsatz. Die praktische Heiligkeit ist nicht die Grundlage unseres Heils, aber sie ist eng verbunden mit der Freude daran. Ein Israelit hatte nicht in dem ungesäuerten Brot, sondern in dem Blut seine Rettung gefunden; aber dennoch unterbrach der Sauerteig seine Gemeinschaft mit Gott. Ebenso ist der Christ nicht durch seine praktische Heiligkeit, sondern durch das Blut errettet; aber wenn er in Gedanken, Worten oder Werken etwas Böses bei sich duldet, kann er keine wirkliche Freude und auch keine wirkliche Gemeinschaft mit dem Lamm Gottes haben.
Ich zweifle nicht daran, dass die Missachtung dieses wichtigen Grundsatzes zum großen Teil die Ursache der geistlichen Dürre und des Mangels an wahrem und beständigem Frieden ist, denen man unter den Kindern Gottes so oft begegnet. Sie leben nicht in praktischer Heiligkeit; sie halten nicht das „Fest der ungesäuerten Brote“. Das Blut ist an den Türpfosten; aber der Sauerteig in ihren Häusern verhindert die Freude an der durch das Lamm bewirkten Sicherheit. Die Zulassung des Bösen macht jede Gemeinschaft mit Gott unmöglich. Alle, die der Versammlung Gottes angehören, müssen heilig sein. Sie sind befreit von der Schuld und den Folgen der Sünde, aber auch von der Kraft und der Sklaverei der Sünde. Gerade diese Befreiung durch das Blut des Passahlammes verpflichtete die Israeliten, den Sauerteig aus allen ihren Grenzen zu verbannen. Sollten sie etwa die schreckliche Sprache eines Gesetzesverächters führen und sagen: „Jetzt, nachdem wir gerettet sind, können wir leben, wie es uns gefällt“? Waren sie aus Gnaden gerettet, dann waren sie auch zur Heiligkeit gerettet. Wer die Freiheit der göttlichen Gnade und die Vollkommenheit der Versöhnung zum Anlass nehmen kann, „in der Sünde zu verharren“ (Röm 6,1), gibt dadurch zu erkennen, dass er weder die eine noch die andere Sache versteht.
Ein Christ ist durch die Gnade nicht nur für alle Ewigkeit errettet, sondern er hat auch eine neue, göttliche Natur bekommen; und diese neue Natur in ihm kann nicht sündigen, sondern findet ihre Freude an allem, was göttlich ist (Joh 1,13; 1. Joh 3,9; 2. Pet 1,4; 1. Joh 2,29; 5,18). Ein Leben in der Kraft dieser Natur ist in Wirklichkeit ein „Halten“ des Festes der ungesäuerten Brote. Es befindet sich weder „alter Sauerteig“ noch „Sauerteig der Bosheit und Schlechtigkeit“ (1. Kor 5,8) in der neuen Natur, denn sie ist aus Gott; und Gott ist heilig, „Gott ist Liebe“ (1. Joh 4,8). Es liegt daher auf der Hand, dass wir nicht deshalb das Böse von uns wegtun, um die alte, verdorbene Natur zu veredeln oder um die neue Natur zu erlangen, sondern weil wir die neue Natur schon besitzen. Wir haben Leben, und in der Kraft dieses Lebens beseitigen wir das Böse. Erst wenn wir von unserer Sündenschuld befreit sind, können wir die wahre Kraft der Heiligkeit offenbaren. Dies auf einem anderen Wege erreichen zu wollen, wäre ein hoffnungsloses Bemühen. Das Fest der ungesäuerten Brote kann nur unter dem Schutz des Blutes gefeiert werden.
Wir können uns nicht der Gemeinschaft mit den Leiden Christi erfreuen, ohne uns daran zu erinnern, was diese Leiden notwendig machte; und diese Erinnerung wird ohne Zweifel eine demütige Haltung des Geistes in uns bewirken, die in den „bitteren Kräutern“ bei der Feier des Passah Ausdruck fand. Diese bitteren Kräuter rufen dem Gläubigen ins Bewusstsein, dass es seine Sünden waren, die Christus als das Lamm Gottes auf sich lud und derentwegen Er den Zorn ertragen musste. „Die Strafe zu unserem Frieden lag auf ihm, und durch seine Striemen ist uns Heilung geworden“ (Jes 53,5). Wegen der außerordentlichen Leichtfertigkeit unserer Herzen ist es gut, die Bedeutung der bitteren Kräuter richtig zu verstehen. Wer könnte den 6., 22., 69., 88. und 109. Psalm lesen, ohne dabei an die Bedeutung des ungesäuerten Brotes und der bitteren Kräuter zu denken? Wirkliche Gemeinschaft mit den Leiden Christi bewirkt praktische Heiligkeit und tiefe Demut; denn Sünde und Leichtfertigkeit des Geistes sind angesichts solcher Leiden undenkbar.
Ohne Zweifel empfinden wir auch eine tiefe Freude bei dem Bewusstsein, dass Christus unsere Sünden getragen und an unserer Stelle den gerechten Zorn Gottes erduldet hat. Das ist die unerschütterliche Grundlage unserer Freude. Aber könnten wir es je vergessen, dass unsere Sünden die Ursache seiner Leiden waren? Könnten wir je die überwältigende Wahrheit aus dem Auge verlieren, dass das Lamm Gottes sein Haupt beugte unter dem schweren Gericht unserer Übertretungen? Wir müssen unser Lamm essen mit bitteren Kräutern und bringen damit die tiefen Erfahrungen eines Gläubigen zum Ausdruck, der mit geistlichem Verständnis die Bedeutung des Kreuzes erkennt und verwirklicht.
Am Kreuz ist unsere ganze Schuld getilgt worden, und diese Tatsache erfüllt uns mit Frieden und Freude. Aber gleichzeitig finden wir darin das Ende unserer Natur, die Kreuzigung „des Fleisches“, den Tod des „alten Menschen“ (siehe Röm 6,6; Gal 2,20; 6,14; Kol 2,11). Das ist „bitter“ für unsere Natur. Denn nun sind wir aufgerufen, uns selbst zu verleugnen, unsere Glieder, die auf der Erde sind, zu töten (Kol 3,5) und uns der Sünde für tot zu halten (Röm 6,11). Das scheint eine schreckliche Konsequenz zu sein; aber wenn man einmal in das blutbesprengte Haus eingetreten ist, denkt man ganz anders darüber. Dieselben Kräuter, die für einen Ägypter ohne Zweifel ganz bitter waren, bildeten einen wesentlichen Teil des Erlösungsfestes der Israeliten. Wer durch das Blut des Lammes erkauft ist und die Freude der Gemeinschaft mit ihm kennt, betrachtet es als ein „Fest“, das Böse zu beseitigen und die Natur für tot zu halten.