In der letzten Woche haben wir die Brüder auf ihre zweite Reise nach Ägypten begleitet. Sie waren voller Angst und Sorge, immerhin hatten sie diesmal Benjamin mit dabei. Der Vater sorgte sich, dass er ihn ebenso verlieren könnte, wie seinerzeit Joseph. Als sie in die Residenz von Joseph gebeten werden, sind sie voller Panik. Bereits seit dem ersten Besuch in Ägypten schlug ihr Gewissen wegen dem, was sie Joseph angetan hatten. Immer wieder dachten sie darüber nach, dass Gott sie jetzt dafür strafen würde. Als der Becher im Sack von Benjamin entdeckt wurde, sagten sie sogar „jetzt hat Gott unsere Missetat offengelegt“ (Kapitel 44:16).
Wir hatten gesehen, dass Joseph mit seinen Brüdern „Spielchen gespielt hat“. Warum hatte er das getan? Warum hatte er sie immer wieder geprüft – unter anderem, als er sie in Kapitel 42 als Spione bezeichnet und ins Gefängnis geworfen hatte. Hatte er ihnen nicht vergeben?
Wann hatte er ihnen vergeben und woher wissen wir dies?
„Am dritten Tag sagte er zu ihnen: »Ich bin ein Mann, der Ehrfurcht vor Gott hat. Darum lasse ich euch unter einer Bedingung am Leben: Um eure Ehrlichkeit zu beweisen, bleibt einer von euch hier in Haft. Ihr anderen geht mit einer Ladung an Getreide zurück, damit eure Familien nicht mehr hungern müssen. Aber bringt mir euren jüngsten Bruder herbei! Dann weiß ich, dass ihr die Wahrheit gesagt habt, und lasse euch am Leben.« Die Brüder willigten ein. Sie sagten zueinander: »Jetzt müssen wir das ausbaden, was wir Josef angetan haben! Wir sahen seine Angst, als er uns um Gnade anflehte, aber wir haben nicht gehört.« »Habe ich euch damals nicht gesagt, ihr solltet den Jungen in Ruhe lassen?«, warf Ruben den anderen vor. »Aber ihr habt nicht gehört. Jetzt müssen wir für seinen Tod büßen!« Sie ahnten nicht, dass Josef sie verstand, denn vorher hatte er durch einen Dolmetscher mit ihnen geredet. Josef verließ den Raum, damit sie nicht merkten, dass er weinen musste. Als er sich wieder gefasst hatte, kam er zurück und ließ Simeon vor den Augen der Brüder festnehmen. Dann befahl er seinen Dienern, die Säcke der anderen mit Getreide zu füllen und ihnen Verpflegung mitzugeben. Heimlich gab er die Anweisung, jedem auch sein gezahltes Geld oben in den Sack zu stecken.“
1. Mose 42:18-25 HFA
Spätestens hier hatte er ihnen bereits vergeben, vielleicht auch, weil er mitbekam, dass sie das bereuten, was sie ihm angetan hatten.
Aber jemanden zu vergeben, bedeutet noch lange nicht, dass wir ihm sofort wieder vertrauen und die enge Beziehung sofort wieder hergestellt ist, die mal da war. Aus diese, Grund spielte er diese Spielchen mit ihnen, um zu sehen, ob sie wirklich bereuten, oder ihre o.g. Aussage nur ein Angstmoment war.
Woher hatte Joseph all diese Jahre diese Ruhe? Er sagt es selbst zu seinen Brüdern: „in Wirklichkeit hat mich Gott vor euch her gesandt“ (Kapitel 45:5-8).
Nun sind also seine Brüder wieder beim Vater angekommen, haben ihm erzählt, dass Joseph noch lebt und sie alle eingeladen hat, nach Ägypten zu kommen – und nach anfänglichem Unglauben ist Jakob begeistert…
Weiter geht es mit 1. Mose Kapitel 46, Vers 1 bis 47 Vers 10:
Wir lesen zuerst die Verse 1 bis 7 und wundern uns, warum Jakob zuerst nach Berscheba geht.
Warum tut er dies? Was würden wir tun, wenn ein uns Mensch, den wir lieben und den wir sehr vermisst haben, auffordert, zu ihm zu kommen? Würden wir da erst mal einen Umweg machen und zu einem Gottesdienst in die Kirche gehen, bevor wir unser eigentliches Ziel ansteuern?
Jakob zieht zuerst nach Berscheba, um Gott ein Schlachtopfer darzubringen. Aber warum ist dies zu diesem Zeitpunkt nötig und warum ausgerechnet in Berscheba? (Vers 1)
Hier müssen wir uns an die Geschichte der Urväter erinnern:
Wann und warum war sein Großvater Abraham in Ägypten und was war da passiert?
Während der ersten Hungersnot war Abraham mit Sarah nach Ägypten geflohen – ohne, dass Gott ihn dazu aufgefordert hätte (Kapitel 12). Es war eine Entscheidung ohne Gott. Entsprechend waren die Konsequenzen. Der Pharao holte sich Sarah, um sie sich zur Frau zu nehmen und als sie wieder gingen, hatten sie die Magd Hagar „im Gepäck“ (Kapitel 12:16) und wir wissen, wieviel Leid diese Geschichte in der Familie ausgelöst hatte (Kapitel 16 und 21).
Auch seine Eltern Isaak und Rebekka planten, nach Ägypten zu gehen, um vor einer Hungersnot zu fliehen, aber sie wurden von Gott davon abgehalten und folgten seiner Anweisung (Kapitel 26:2-3).
Daher ist ein Aufenthalt in Ägypten für Jakob negativ behaftet und zudem würde er das verheißene Land verlassen, das Gott ihm und seinen Nachkommen verheißen hatte.
Nun ruft also sein Sohn Joseph ihn nach Ägypten und er erinnert sich, dass es dem Opa in Ägypten schlecht erging, der Papa durfte garnicht erst hin, daher „muss ich erst mal Gott befragen, was der dazu sagt“. Dies ist der Grund dafür, warum er erst mal in Berscheba opfern geht, um Gott fragen, ob es eine gute Idee ist oder nicht.
Aber Gott findet die Idee ganz gut, er sagt zu ihm „fürchte dich nicht, nach Ägypten zu ziehen“ (Vers 3). Warum?
Wir hatten es beim letzten Mal schon „kurz“ angeschnitten, dass es zum einen darum geht, dass die Linie des Samens abgesondert lebt (wir kommen auch heute nochmals darauf zurück) und zum anderen ging es um die Prophezeiung, die Jehova (oder auch Jahwe) Abraham gab, dass seine Nachkommen Fremdlinge in einem fremden Land sein würden, da es noch nicht die Zeit sei, die bisherigen Bewohner aus dem Land zu vertreiben. Ihre Schlechtigkeit ist noch nicht vollendet (Kapitel 15:13-16), so wie Gott erst dann die Flut über die Menschen brachte, als sie ausgesprochen schlecht waren, sie es also wirklich verdient hätten (Kapitel 6:5-7).
Nun sagt er also, sie sollten ruhig nach Ägypten gehen und wir lesen weiter in den Versen 8-34, wer alles dabei war:
Warum ist diese endlose Liste von Namen für uns heute noch wichtig? Kann es nicht egal sein, wer alles dabei war?
Warum ist es wichtig, dass wir wissen, dass „Saul, der Sohn einer Kanaaniterin“ war?
Alle anderen hatten sich Frauen aus dem verheißenen Land genommen (bis auf Joseph, der ja in Ägypten war und Juda die Tamar). Woher hatten denn die anderen ihre Frauen? Mussten dies denn nicht auch Kanaaniterinnen gewesen sein, wenn sie diese doch aus dem Land hatten?
Wir erinnern uns, dass nicht nur Jakob und seine Sippe im dem Land leben, sondern auch die anderen Nachkommen von Abraham – wie Ismael und auch Jakobs Bruder Esau. Zudem hatte Abraham mit seiner zweiten Frau Ketura weitere Nachkommen gezeugt, die ebenfalls Nachkommen hatten. Sie könnten also durchaus innerhalb der Nachkommen Abrahams geheiratet haben, auch wenn sie die Grenze zu Haran nicht mehr übertreten und niemanden mehr aus Labans Sippe (der Bruder von Rebekka und der Schwiegervater Jakobs) zur Frau nehmen konnten.
Dadurch, dass hier extra kenntlich gemacht wurde, wer eine Kanaaniterin geheiratet hatte, erkennen wir, dass die Linie durchaus noch rein erhalten war und wenn sie jetzt geballt nach Ägypten ziehen und dort abgesondert leben würden, würde das wohl auch so bleiben.
Hier wird also eine deutliche Grenze gezogen: bis hierher bestand die Gefahr, dass ein Anbeter Jehovas (damals ein Nachkomme von Abraham) eine Frau heiratet, die nicht aus dieser Linie stammt …
Dies ist auch der Grund, warum Joseph ihnen sagte, sie sollten sagen, dass sie Schafhirten waren, damit sie in eine Ecke kommen, wo sie unter sich sind und sich nicht vermischen könnten (Kapitel 46:33-34)
Weiter geht es mit 1. Mose 47:1-10:
Warum bekommt die Sippe von Joseph das Land Gosen. Es wird „der Beste Teil des Landes“ genannt (Vers 6). Warum sind dann dort keine anderen Leute, warum wohnen da keine Ägypter?
Hier müssen wir bedenken, dass es den Schafhirten angeboten wird. Was für ein Land brauchen denn Schafhirten? Würden sie wirklich auf brachliegenden Feldern weiden? Schafe brauchen Gras, Wiesen, Kräuter und Hecken, daher ist dies hier kein Land, das ein Ackerbauer als besonders gut und wertvoll sehen würde. Wir sehen, sie nehmen den Ägyptern hier nichts weg. Es ist „das beste Land“ für einen Schafhirten
Wir lesen weiter, dass Jakob zum Pharao kommt – und diesen segnet (Vers 7). Warum? Warum segnet der einfache Mann Jakob den Pharao, der ja eigentlich denkt, dass er ein Gott ist?
Aber wer ist denn eigentlich höher – Jakob oder Pharao? Wer ist näher an Gott? Hier sehen wir wieder, warum es so wichtig ist, dass wir eine Übersetzung lesen, die den Namen Gottes benutzt und ihn auch selbst zu gebrauchen. Dabei spielt es keine Rolle, ob wir Jahwe oder Jehova sagen. Hauptsache wir benutzen den Namen des allmächtigen Gottes, des Gottes, der alles erschaffen hat und über allem steht!
Da Jakob dem Allmächtigen Gott Jehova dient und sehr nahe ist, ist eindeutig er höher als Pharao und daher ist es völlig legitim, dass er es ist, der den Pharao segnet.
Nun könnte man meinen, dass nur Jakob das so sieht, dass der Pharao vielleicht unangenehm berührt ist, da er ja kein Anbeter Jehovas ist und daher nicht sieht, dass Jakob über ihm steht. Aber Arnold Fruchtenbaum schreibt in seinem „Kommentar zum 1. Buch Mose Teil 3“, dass dieser „Pharao ein semitischer Herrscher aus dem Geschlecht der Hyksos war und nicht etwa ein Ägypter“ (Seite 114). Daher war es für ihn auch nicht befremdlich, wie man sonst annehmen könnte.
Als der Pharao Jakob nach seinem Alter fragt, antwortet dieser: „Die Tage der Jahre meiner Fremdlingschaft sind hundertdreißig Jahre; wenig und böse waren die Tage meiner Lebensjahre, und sie haben nicht erreicht die Tage der Lebensjahre meiner Väter in den Tagen ihrer Fremdlingschaft.“ 1. Mose 47:9 ELB
Warum sagt er, dass sie böse und trübselig waren?
All dies ist nicht sonderlich leicht und ich denke, dass keiner von uns mit Jakobs Leben tauschen möchte. Er war also nicht besonders depressiv, sondern es ist die Realität: „alles, was ich bisher erlebt habe, war nicht besonders schön!“
Trotzdem ging er zuerst nach Berscheba, um Gott zu befragen – und obwohl er von seinem bisherigen Leben nicht begeistert war, segnete er den König.
Jakob ist wirklich ein sehr gutes Vorbild, was Glauben und Treue und Loyalität Jehova gegenüber angeht.
Nächste Woche lesen wir weiter 1. Mose 47:12-48:22. Jakob und seine Familie sind nun also in Ägypten angekommen und vom Pharao begrüßt worden. Es sind erst 2 jahre der Hungersnot vergangen und so bleiben noch fünf weitere harte Jahre vor ihnen. Wie geht es wohl weiter?
Wir sehen, es bleibt auch weiterhin spannend ?
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