Hinter mir in der Schlange an der Supermarktkasse steht ein kleiner Junge. Als ich ihn ansehe, tippt er mit seinem Finger auf ein Spielzeug in seiner Hand. „Das habe ich mir schon so lange gewünscht. Aber …“, fügt er kleinlaut hinzu, „ich weiß nicht, ob mein Geld reicht.“ Ich verspreche ihm, zu warten und notfalls den Rest auszugleichen.
Schließlich legt der Kleine die Packung vor die Kassiererin. Dann gräbt er mit seiner kleinen Hand in seiner linken Hosentasche und fördert eine Faust voll mit Ein- und Zwei-Cent-Münzen hervor. Die Kassiererin verzieht keine Miene, beginnt zu zählen und stellt die Münzen in ordentlichen Türmen auf. Ich staune über ihre Geduld.
Danach gräbt der Knirps in seiner rechten Hosentasche und zieht abermals eine Menge Kleingeld hervor. Na, jetzt geht es wohl an die Nerven der Kassiererin und aller in der Schlange stehenden Kunden, denke ich. Ich habe mich getäuscht. Geduldig wird das Geld gezählt. Es reicht nicht. Nachdem ich das Fehlende ausgeglichen habe, zieht der Kleine fröhlich an mir vorbei. Ein kleines „Danke“ kommt aus seinem Mund.
Wie sehr bewundere ich den Mut dieses Jungen, der vertrauensvoll alles hinlegt, was er mühsam zusammengespart hat, ohne es nachzuzählen. Vielleicht auch in der Hoffnung, es wird genug sein. Und der sich nicht darum kümmert, wie lange er die Kassiererin beschäftigt und die Wartenden hinter sich aufhält.
Wie hätte ich mich wohl gefühlt, wenn mir an der Kasse gesagt würde: „Das reicht nicht“? Als sehr peinlich hätte ich das empfunden, womöglich sogar einen roten Kopf bekommen. Im Supermarkt ist mir das noch nicht passiert, aber ich erlebe es auf andere Weise: Es reicht nicht. Ich habe mich bemüht, aber am Ende ist mein Werk doch nicht so gelungen, wie ich es mir vorgestellt hatte. Das Foto ist nicht so schön geworden, der Kuchen zusammengesackt, die Suppe zu dünn geraten.
Es reicht nicht. Mir fehlt der Mut, an einem Krankenbett für einen Bekannten zu beten, weil ich nicht weiß, wie er es annehmen würde. Stattdessen sage ich erst beim Hinausgehen: „Ich bete für Sie.“ Alles Bemühen bleibt Stückwerk. Selbst das, was ich nicht getan habe, bedrückt mich. Es hat nicht gereicht. Ich hätte doch dieses oder jenes tun oder sagen sollen, hätte mehr Zeit für Besuche, Briefe, Telefonate einplanen sollen.
Aus dem Evangelium fällt mir der Junge mit den fünf Broten und zwei Fischen ein, die er zu Jesus brachte. Er wusste sehr wohl, dass sie nicht für fünftausend Menschen reichen würden. Trotzdem legte er sie Jesus vertrauensvoll in die Hände. Jesus sagte nicht: „Was soll dies kleine bisschen?“, sondern dankte seinem Vater dafür und segnete es. Und machte aus diesem kleinen bisschen die ganze Menge satt.
Wir dürfen das Wenige, das in unseren Augen lange nicht ausreichend ist, auch in die Hände Jesu legen. Wir dürfen das im Vertrauen tun, denn unser „Gott aber wird all eurem Mangel abhelfen nach seinem Reichtum in Herrlichkeit in Christus Jesus“ (Philipper 4,19).
Anne-Maria Kreye
by Jule with no comments yet„Vor einiger Zeit kaufte ich mir Ohrhänger mit der Aufschrift: „el Roi“, das ist hebräisch und heißt: „Gott sieht mich.“ Ich erwartete, dass manch eine Frau mich auf diese Ohrringe ansprechen und nach der Bedeutung der Aufschrift fragen würde. So könnte ich auf diese Weise meinen Glauben bezeugen. Dachte ich zumindest. Merkwürdigerweise ist das bisher noch kein einziges Mal geschehen.
Stattdessen merke ich aber, dass es mich immer wieder selbst ermutigt, wenn ich die Ohrringe trage und dann bewusst daran denke: Ja, Gott sieht mich.
Da gibt es Tage, an denen mir ein Übermaß an Arbeit zu schaffen macht oder sehr viele Termine anstehen: Gott sieht das und wird mir Weisheit und Kraft geben.
Da sind Arbeiten, die ich für andere erledige und doch das Gefühl habe: Keiner merkt das überhaupt. Doch Gott sieht es und freut sich darüber.
Ich treffe alte Bekannte. Nach stundenlangem Zusammensein erkenne ich: Eigentlich haben sie bis jetzt nur über sich selbst gesprochen und sich noch nicht einmal nach meiner Situation erkundigt, wie es mir, meiner Familie oder Gemeinde geht. Aber Gott, mein himmlischer Vater, sieht mich und interessiert sich für mich.
Seit einiger Zeit habe ich heftige Knieschmerzen und kann manche Bewegungen nur schwer oder gar nicht machen. Wie gut zu wissen, dass mein Gott auch das sieht, vor allem wenn ich erlebe, dass mein Umfeld diese Schmerzen nicht ernst nimmt oder gar meint, ich wäre selbst schuld daran.
So könnte ich noch manches aufzählen.
Wie wunderbar, dass Gott mich und meine Situation sieht und dass er jederzeit und auf viele verschiedene Weisen eingreifen kann. Ja, er sieht mich und ich bin ihm so wichtig, dass sein Sohn, Jesus Christus, für mich sein Leben gelassen hat. Eigentlich weiß ich das alles schon sehr lange, aber manchmal braucht es ein Paar Ohrringe, um mich wieder daran zu erinnern. Wie schön, dass das die neue Jahreslosung ist: „Du bist ein Gott, der mich sieht“ (1. Mose 16,13).
Elisabeth Malessa
by Jule with no comments yetAus den Montagagedankem
Morgendliche Gnade
Ich liege noch im Bett, meine Jüngste nahe bei mir. Reglos liege ich da, ich könnte sie ja wecken. Im Halbschlaf höre ich die Kirchenglocke sieben schlagen. Froh, dass heute der wöchentliche Homeoffice-Tag meines Mannes ist und er die Kinder morgens übernehmen wird, döse ich wieder ein. Es ist still im Haus. Plötzlich fliegt die Tür zum Schlafzimmer auf, mein Ältester steht mit Panik im Gesicht in der Tür und ruft: „Mama, es hat acht geschlagen, ich verpasse den Bus!“
Ich stürze aus dem Bett. In vier Minuten ist mein Sohn angezogen, gewaschen und sein Frühstück ist eingepackt. Außer Atem stürzt er aus dem Haus und erwischt noch den Bus.
Ich merke, dass kein Papa Morgendienst hatte, sondern dass die Kinder ganz ruhig sich selbst so etwas wie ein Frühstück zubereitet hatten. Während ich mein Handy einschalte, um meinen Mann zu fragen, wo er sei, merke ich, wie kalt es in der Wohnung ist. Da erscheint schon eine Nachricht auf dem Telefon: Die Heizung sei kaputt, der Techniker informiert. So ziehen wir uns, in der Zwischenzeit auch die Jüngste, dick und warm an. Ich mache heiße Milch, Kaffee und tische noch mehr Frühstück auf. Wir setzen uns an den Tisch, und da beginnt eines meiner Kinder zu weinen, zu trotzen und schreien, weil es keine Nussnougatcreme gibt. Beide verlieren wir die Nerven und brüllen uns an.
Ich bin enttäuscht, den Tag mit so einem Chaos zu starten. Mit Wucht trifft es mich, dass ich mein Kind schon morgens angeschrien habe. Ich bin traurig. Da ruft mich mein Mann an, er ahnt noch nichts und meint mit ruhiger Stimme, er sei heute Morgen für die Arbeit unterwegs, komme dann am Nachmittag nach Hause. Irgendwie hatte er vergessen, es mir mitzuteilen. Wir sprechen uns aus, und langsam verschwindet meine schlechte Laune. Mein Kind, das am Tisch ausgerastet ist, hat sich auch beruhigt und möchte mir als Entschuldigung einen Kaffee zubereiten. Gerne nehme ich den Kaffee mit einem kleinen Schuss Rahm, doch heute Morgen riecht er komisch, denn der Rahm ist sauer. Da beginne ich zu lachen, lasse einfach los und lache. Meine drei Kinder kommen zu mir, und wir umarmen uns, sprechen ein kurzes Gebet und beginnen den Tag einfach noch mal von Neuem.
Während der Tag sich langsam richtig eingleist und Fahrt aufnimmt, höre ich Gott durch einen Bibelvers zu mir sprechen: „Und er hat zu mir gesagt: Lass dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig“ (2. Korinther 12,9). Wie ein nasser Lappen wischt dieser Vers mir alle Selbstzweifel und Gedanken, als Mutter wieder mal versagt zu haben, weg. Ich spüre, wie Gottes Kraft meine Schwachheit verdrängt. Wie ich in seiner Gnade loslassen kann und er mich mit Zuversicht füllt. Ruhig und gestärkt ziehe ich durch den Rest des Tages, denn ich muss nichts beweisen – seine Gnade genügt.
Lydia Bucci
by Jule with no comments yetDiese Woche in den „Montagsgedanken“:
by Jule with 1 commentDer Schrei nach Liebe und Anerkennung ist förmlich mit Händen zu greifen. Er gibt die Leere in seinem Herzen auch offen zu. Seine Hoffnung, geliebt und bekannt zu sein, gesehen zu werden. Likes für eine Scheinwelt.
Ich denke über mein eigenes Leben nach. Wo poliere ich an meinem Image, um Unreinheiten und Makel vor meinen Mitmenschen zu verstecken? Wo verstelle ich mich, gebe mich als eine Person aus, die ich gar nicht bin, weil ich mich davor fürchte, mein wahres Gesicht zu zeigen? Welche guten Taten tue ich nicht für Gott, sondern um meiner selbst willen, um möglichst viele Likes von meinen Mitmenschen zu erhalten? Denn auch ich bin auf der Suche nach Anerkennung und Wertschätzung. Danach, dass die Menschen mich wahrnehmen, bewundern, sehen …
Gott weiß um diese Sehnsucht. Er selbst will sie stillen.
Super Gedanken, kenne ich auch von mir:
„Während ich den Drachen festhalte, rollt mein Sohn die Schnur ein Stück aus und will losrennen. „Warte noch!“, rufe ich, „du musst erst auf den nächsten Windstoß warten!“ Aber mein Sohn hat keine Zeit zu warten; er rennt los – und wirklich – der Drache hebt sich ein wenig in die Höhe. Jauchzend rennt der kleine Mann über die Wiese. „Mama, er fliegt!“, jubelt er.
Doch sobald er aufhört zu rennen, gleitet der Drachen wieder zum Boden zurück. Der Motivation meines Sohnes tut das keinen Abbruch. So geht das eine ganze Weile und irgendwann kann ich es nicht mehr mit ansehen. „Komm, ich helfe dir; ich kann den Drachen für dich hochziehen, und dann übernimmst du die Schnur!“ Doch mein Sohn ist anderer Meinung – er will es allein schaffen. Und so rennt er wieder und wieder los. Ohne mich helfen zu lassen. Irgendwann kommt er erschöpft und frustriert zu mir gelaufen. Das Projekt scheint doch schwerer in der Umsetzung, als er sich das vorgestellt hat. Er hält mir den Drachen hin: Nun soll ich ihn festhalten, während er losrennt. „Gib mir doch lieber alles!“, bitte ich ihn, „dann ziehe ich den Drachen für dich in die Luft. Ich kann das!“ “
Den ganzen Text könnt ihr lesen, wenn ihr Weiter runter scrollt
by Jule with 1 commentEine sehr schöne Idee, da hat eine Familie
by Jule with 1 commentein kleines Ritual entwickelt, das uns hilft, die Dankbarkeit das ganze Jahr über festzuhalten: Am Ende jeden Tages halten wir einen Moment inne und nehmen uns Zeit, uns gegenseitig zu erzählen, für was wir an diesem Tag dankbar sind. Jeder zählt drei Dinge auf, für die er Gott danken möchte. Und wir nennen nur eine Sache, die wir loslassen und an Gott abgeben möchten. Wir wollen unseren Blick auf das Gute richten. Wir wollen auf das schauen, was wir haben – und sei es noch so klein
„Nichts kann zu uns durchdringen, wenn Gott nicht Platz macht, um es vorbeizulassen. Das heißt, nichts Böses – kein Schmerz, kein Verlust, keine menschliche Grausamkeit oder Fahrlässigkeit – kann uns treffen, wenn er es nicht zulässt. Und das tut er nur, wenn er es letztlich gebrauchen will, um seine guten Pläne mit uns zu verwirklichen.“
by Jule with no comments yet